Die „Wilde Gjoad“ vor dem Untersberg
Die Wilde Gjoad ums Haus! In diesem uralten Brauch der „Wilden Jagd vom Untersberg“ verbinden sich christlicher Brauch, heidnische Überlieferung und historische Wahrheit. Vermutlich geht das wilde Treiben auf keltische Rituale zurück, die den Gott der Stürme und der kalten Winterwinde besänftigen sollten. Die Wilde Jagd war wie viele andere Bräuche lange Zeit verboten. Es drohten bittere Strafen bei Nichtbeachtung des Verbotes. Trotzdem wurde die Wilde Jagd vom Untersberg bis in unsere Zeit gut überliefert, allerdings änderte sich die Form des Brauches.
Vor-Raunachtsbrauch in der Umgebung des Untersberges
Aus diesem alten Volksglauben bildete sich ein eigener Vor-Raunachtsbrauch, der aber nie bis zur eigentlichen Stadt Salzburg vorgedrungen ist. Er entwickelte sich in der Umgebung des Untersberges und vor allem im Gebiet des ehemaligen Wildmooses, das heute nicht mehr existiert. Ein übrig gebliebener Rest davon ist das heutige Hammerauer Moor im Bayerischen.
So ertönt der Ruf seit 1949 wieder zwischen Grödig, Wals und Siezenheim.
Die "Heiligen Zwölf"
Nach uraltem Glauben sollen mit diesem Lauf Fruchtbarkeit, Glück und Segen im Haus einziehen. Es ist ein sogenannter „Rüge-Brauch“, bei dem nicht verurteilt, sondern nur Nachschau gehalten wird. Von der Heimat- und Brauchtumsgruppe „Jung Alpenland“ werden bei der Gestaltung des Laufes fixe Regeln, die nicht geändert werden dürfen, eingehalten, um das „Wilde Gjoad“ als Brauch erscheinen zu lassen: Da sind die Durchführung des Laufes am zweiten Donnerstag im Advent und die Geheimhaltung des Ortes sowie die Festlegung und Beibehaltung der „Heiligen Zwölf“, jener Zahl bei den Maskenträgern. Und ein geregelter Ablauf mit symbolhaften Handlungselementen sowie der Verzicht auf Spendenbettelei. Wer von unseren völlig in den Naturreligionen wurzelnden Vorfahren hätte daran gezweifelt, dass die dunkelgrauen, schnell dahinziehenden Wolkenbänke das Totenheer Odins sind? Elemente verbinden sich mit den wesenlosen Abgeschiedenen, sodass die in der Wilden Jagd mitziehende Saurüsselmaske gleichzeitig die aufwühlenden Sturmwolken und das Seelentier symbolisiert. Die nie fehlende Mooswaberl, der Sage nach vom Wilden Jäger verfolgt, gehört dazu. Auch der Rabe vom Untersberg, Herrschaftssymbol der germanischen Stammesführer, welche ihre sagenhafte Fortsetzung in Karl dem Großen und seinen Kriegern fanden, zählt zu den Unterirdischen. Habergeiß und Teufel tun ihr Bestes, mit dem für den Winter stehenden Bären samt seinem Treiber dämonische Stimmung heraufzubeschwören. Trommelwirbel und Fackelgeflacker untermalen sie. Früher holten die ohne zeitliche Ankündigung unvermutet auftretenden Mittwintergestalten, die ins völlige Vergessen geraten sind, sich an der Wegkreuzung christlichen Segen.
Glück und Segen für die Sterblichen
Wenn es auch nicht ratsam ist, sich dem wilden Zug entgegenzustellen – das frühere Zerreißen menschlicher Leiber ist durch „Verklopfen“ abgelöst worden – Glück und Segen bringen sie den Sterblichen doch. Vielleicht ist es ein umgekehrtes Ritual der Unterwerfung, die den grimmigen Riesen Abfalter im Figurenrundtanz mit dem ganzen Gefolge zu Boden zwingt. Sonst war es fern menschlicher Behausungen für die Irdischen angebracht, in dieser Stellung zu verharren, bis die wüsten Gesellen außer Sicht über das Leopoldskroner Moor weiterzogen. Immerhin erinnerten in der Talebene die Hügel von Gois, Hellbrunn und Niederalm vom Mutwillen des felsschleudernden Untersbergbewohners. Ob er seinen Zorn über das hier am Walserfeld zugrunde gegangene stolze Heer Karls des Großen so äußerte? Es ist nicht nur eine Sage, welche von den sagenhaften Schätzen des Berges erzählt. Die Springtänze der zwölf Unholde in den Untersberggemeinden, die irdische Ebene mit dem Jenseits verbindend, zählt zu den irrationalsten Bräuchen Salzburgs. In der NS-Zeit wurde viel Germanisches hineininterpretiert.