Adventkranz und „Stille Nacht!“
Es mutet eigenartig an, dass das katholische Lied „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ nicht, wie man vermuten könnte, in den alpenländischen katholischen Kirchen zuallererst Verbreitung gefunden hat. War es doch in Oberndorf an der Salzach, das bekannterweise im Salzburger Alpenvorland liegt, erstmals erklungen, und mitten in den Alpen, im noch strenger katholischen Tirol, durch Zillertaler Familien entdeckt worden. Doch die Zillertaler Handschuhmacherfamilien brachten das Lied in den Norden Deutschlands. Von Leipzig, Dresden und Berlin aus gelangte es nach Hamburg.
Hamburg als "Tor zur Welt"
Die dortige evangelische Bildungseinrichtung, gegründet 1833, die es heute noch als Akademie gibt, erfuhr davon und der damalige Leiter dieses „Aufbewahrungs- und Erziehungsortes armer Kinder“, Johann Hinrich Wichern, nahm sich dieses „schönen Weihnachtsliedes“ an. Zuerst wurde es im eigenen Haus unterrichtet und fand sodann auch gleich Verbreitung in die Vielzahl der evangelischen Pfarren und in alle Welt, die Hafenstadt Hamburg war ja damals das „Tor zur Welt“.
„Das Rauhe Haus“ war der Name einer Bauernkate, also eines einzelnen Bauerngehöftes außerhalb eines Dorfes, die als Keimzelle des von Wichern aufgebauten Rettungsdorfs vor den Toren Hamburgs betrachtet wird.
Die Stiftung "Rauhes Haus"
Zweck der Stiftung des Rauhen Hauses ist es, bedürftigen Menschen durch Aufnahme, Unterstützung, Förderung, Erziehung, Pflege und allgemeine schulische Bildung zu helfen; sie macht dabei keinen Unterschied hinsichtlich der Herkunft, Religion oder sozialen Stellung der Bedürftigen. Das Rauhe Haus erfüllt diesen Stiftungszweck auch durch Aus-, Fort- und Weiterbildung in diakonischen, kirchlichen und sozialen Berufen, insbesondere durch die Ausbildung von Diakonen und Diakoninnen. Die Diakonenanstalt, die auf die von Wichern gegründete Brüderschaft des Rauhen Hauses zurückgeht, ist eine formal eigenständige rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts, die aber in Personalunion ebenfalls vom Vorstand der Stiftung „Das Rauhe Haus“ geleitet wird.
Der Erfinder des Adventkranzes
In dieser Umgebung abseits der dörflichen Gesellschaft bot Wichern den „Zöglingen“ immer etwas Kurzweiliges. Dazu zählte neben dem damals neuen Weihnachtslied auch eine Einrichtung, die Wichern entwickelte, um den Jugendlichen im Advent das „Warten auf die Ankunft des Herrn“ zu verkürzen. Er stellte inmitten des großen Speisesaales ein liegendes Wagenrad auf. Auf diesem befestigte er vier weiße und 20 rote Kerzen. An jedem Tag wurde eine Kerze entzündet. Es war der „Adventkranz“ erfunden, sozusagen als Bruder zum Stille-Nacht-Lied am selben Ort. Da sich aber nicht in jeder Wohnung inmitten eines Wohnzimmers ein Wagenrad aufstellen ließ, kam es alsbald zum Binden eines kleineren Kranzes mit Tannenreisig und reduziert auf die vier Kerzen, entsprechend den vier Adventsonntagen.
Viele Bräuche im Advent
Advent, die rund vier Wochen dauernde kirchliche Vorbereitungszeit auf die Weihnachtszeit, leitet sich sprachlich vom lateinischen Wort „adventus“ ab und weist auf die „Ankunft“ des Herrn hin. Die Bräuche im Advent entspringen eher weniger dem kirchlichen Gedankengut als der jahreszeitlichen Stellung. Der Advent ist reich an Bräuchen. So rührt das Adventblasen aus alten vorweihnachtlichen Spielen. Es ist ein alter Salzburger Brauch. In vielen Dörfern wird das Frauentragen durchgeführt. In der Zwischenkriegszeit kamen sodann die Adventfeiern auf, die von Gemeinschaften gepflegt werden. Vielerorts werden Krippenspiele aufgeführt. Der Adventkranz greift auf alte Vorbilder zurück. Die Symbolik des endlosen Kranzes, wie man ihn auch bei Maibäumen findet, gewunden mit dem „ewigen Grün“, hat tiefe Bedeutung.