Wer das Rauriser Tauernhaus betritt, spürt sofort den ehrwürdigen Charakter, den dieses 531 Jahre alte Gebäude ausstrahlt. Dieses Haus könnte Bände erzählen, in seinem originalen Zustand von der Rauchkuchl bis zur Stube schreibt es Geschichte. Zum Schutz, zur Verpflegung und zur Unterkunft der Säumer mit ihren Haflingern wurden als Stützpunkte die sogenannten Tauernhäuser errichtet. Das Rauriser Tauernhaus auf 1.526 Metern Höhe beispielsweise war die letzte Station auf dem Weg zum Hochtor, danach wanderten die Säumer wieder hinab nach Heiligenblut oder ins Mölltal. Von Italien lieferten die Säumer hauptsächlich Wein, Gewürze und Früchte oder wertvolle Tücher, der Norden lieferte vor allem Salz.
Matthias Lackner, der gemeinsam mit seinem Bruder Sepp im Besitz der 56 ha großen Alm und von Anteilen an der Agrargemeinschaft Diesbach ist, bezeichnet sich selbst als einen der letzten „Säumer“ auf diesem Weg. Als Jugendlicher schickte ihn sein Vater mit dem Pferd von Heiligenblut in die Alm, um vor allem Lebensmittel zu transportieren. „Es war ein beschwerlicher Weg und heute eigentlich unvorstellbar. Die Zeit hat vieles zum Besseren gewandelt“, denkt Hias Lackner zurück. Persönlich vermisst er die Milchverarbeitung auf der Alm, die bis 1999 bestens funktionierte: „Die Bestimmungen sind streng und wir verfügen noch über keinen Strom. Das ist für die Almwirtschaft mit Milchverarbeitung schwer machbar.
Derzeit weiden Kälber auf den Almflächen, im Hochkar verbringen 170 Stück Rinder und sechs Pferde den Sommer. Stolz macht uns die einfühlsame Bewirtschaftung des Tauernhauses durch die Familie rund um Helene Gerstgraser“, erzählt Hias.
Seit sechs Jahren ist Helene mit ihrer herzlichen Art ein Segen für die traditionsreichen Gemäuer. Sie erfüllt die Alm mit Wertschätzung und die Kulinarik ist bestens abgestimmt. „Wir möchten mit Bodenständigkeit unseren Wanderern Freude bereiten. So wird der Käse am Heimhof in Rauris produziert, der Bruder verarbeitet als gelernter Metzger ebenfalls die Wurstwaren und den Speck am Bauernhof. Ergänzt wird, wenn notwendig, mit Produkten aus dem Raurisertal“, so Helene, die bereits mit neuen Jahren den ersten Almsommer beim Tauernhaus verbrachte und so in ihrer Kindheit bis Jugend eine spezielle Beziehung zu dieser Alm aufbaute. „Dass ich irgendwann die Chance bekomme, die Alm selbst zu bewirtschaften, hätte ich nie gedacht, aber die Entscheidung ist vor sechs Jahren sofort gefallen. Wir können uns nichts Schöneres als das Almleben vorstellen, was braucht es mehr?“
Wegbeschreibung
Von Rauris Richtung Wörth zweigt gegenüber dem Gasthof Andrelwirt die Straße in das Seidlwinkltal ab. Sie führt in südwestliche Richtung vorbei am Gasthof Weixen zum Parkplatz Fleckweide (Parkgebühr). Hier beginnt die Talwanderung entlang der Ache über einen schönen Almweg zum Rauriser Tauernhaus. Gehzeit 1,5 bis 2 Stunden. Der schön ausgebaute Weg eignet sich als Mountainbikestrecke. Bis Ende September fährt der Wanderbus bis zum Tauernhaus.
Kontakt: Familie Helene Gerstgraser, Tel. 0664/5633993, E-Mail helene_gerstgraser@hotmail.com