Spektakulärer Job am Dreitausender
Wo ist die Zeit hingekommen?“, wundert sich Ludwig „Lug“ Rasser. Es komme ihm vor, als wäre es erst gestern gewesen, als er mit 21 Jahren seinen Dienst auf dem 3.106 Meter hohen Sonnblick antrat. Das war 1980 – jetzt ist der Rauriser als längstdienender Wetterwart in Pension gegangen.
Extreme Temperaturunterschiede, Einsamkeit, wochenlange Schneestürme und dadurch praktisch gefangen am Observatorium – viele haben das nicht ausgehalten und aufgegeben, aber dem jungen Naturburschen hat das nichts ausgemacht. Bereits seine erste Schicht dauerte wegen eines Schneesturms nicht wie vorgesehen zwei Wochen, sondern einen ganzen Monat. Die alte Materialseilbahn konnte unter solchen Bedingungen nicht benutzt werden und wenn auch eine Abfahrt mit den Skiern nicht möglich war, saß das Team am Sonnblick fest. „Wir haben beim Abfahren oft viel riskiert, sonst wären wir nie heruntergekommen. Aber wir hatten immer Glück mit den Lawinen“, schildert der Bergrettungsmann.
Große Veränderungen
Der wochenlange Dienst hat ihn ebenso wenig gestört, wie die anfangs sehr bescheidene Unterbringung in einem alten Holzgebäude. Der Stützpunkt wurde 1886 errichtet, 100 Jahre später wurde dann ein neues Observatorium gebaut und seit zwei Jahren gibt es endlich eine moderne, wetterunabhängige Gondel. Sie hat den Dienst auf dem Dreitausender nun sehr erleichtert.
Auch die Arbeit selber habe sich in dieser Zeit völlig verändert. „Früher war das ein reiner Wetterdienst, heute werden hauptsächlich Schadstoffe gemessen.“ Da sei man zwar mitgewachsen und geschult worden, aber: „Das ist immer mehr Bildschirmarbeit geworden, das hat mir den Abschied leichter gemacht“, erklärt der gelernte Spengler. Er sei mehr der Praktiker als der Schreiber.
Zeit für den Hof
Einen Pensionsschock fürchtet er daher nicht. Im Gegenteil, der Zöllnerbauer ist froh, endlich Zeit für seine kleine Landwirtschaft zu haben. Den Hof in extremer Hanglage hat sein Vater in den 70er Jahren gekauft. Von 16 ha Grund sind 14 ha Bergmähder. Im Sommer werden hier immer drei Kühe gehalten, aber der Lug hat nun einige Pläne für die Landwirtschaft. Er denkt daran, Schafe und Pferde zu halten. Das hänge auch von den Enkeln ab. Der Wetterwart hat aus erster Ehe fünf Töchter, seine zweite Frau Marina ist seit 25 Jahren an seiner Seite. Kennengelernt hat er die Meteorologin am Sonnblick, wo sie damals als Studentin ein wissenschaftliches Projekt durchgeführt hat. Sie leitet heute das Seniorenheim in Rauris. Mit ihr hat er jedes Jahr im November die halbe Welt bereist. Auf einer riesigen Weltkarte hat er die Reiseziele abgesteckt. Die Abenteuerurlaube haben das Paar in viele exotische und gefährliche Regionen gebracht. „Das waren manchmal riskante Situationen, aber es ist immer gut ausgegangen“, schildert er dankbar. Er hat sich jetzt einen Campingbus gekauft und will damit Europa bereisen. „Das kennen wir ja noch nicht.“
Schätze bergen
Am meisten freut er sich aber darauf, endlich Zeit für das Mineraliensammeln zu haben, sein Haupthobby, wie er es nennt. Die Leidenschaft für die Steine hat er von seinem Vater geerbt. Am Hof gibt es sogar ein eigenes Museum mit seinen Schätzen. Hier befindet sich der größte je in der Region gefundene Rauchquarz mit einem Gewicht von 250 Kilogramm. „Es ist ein ganz besonderer Reiz, etwas in der Natur zu finden. Es kann Jahre dauern und man geht immer leer aus. Das ist Glückssache.“ Aber wie die guten Schwammerlsucher müsse man natürlich die richtigen Plätze wissen.