Wagrains Pinzgauerzucht hat Anziehungskraft

Trotz des eher ungünstigen Termins, an dem in vielen Gemeinden das Erntedankfest gefeiert wurde, ließen sich knapp 80 Personen die Einladung zum Jungzüchtertag nicht entgehen. Sie wurden belohnt – mit vier interessanten Betriebskonzepten, großer Offenheit und immenser Gastfreundschaft.

Jenerwein, Burglehen
Verhältnismäßig jung ist die Geschichte des Burglehenhofs, der 1949 vom Großvater gekauft wurde und Stück für Stück an Ausdehnung zulegte, wie Altbauer Peter in netten Worten erklärte. Mit dem Kauf der Feldereralm im Jahr 1968 wurde nicht nur der Grundstein für ein unverzichtbares Standbein geschaffen, er erforderte auch eine Portion Mut, da die auf 1.701 m gelegene Alm über keinerlei Zufahrt verfügt und 50 km vom Heimhof entfernt ist.
Der nächste Schritt erfolgte 2003 mit dem Erwerb des Rosskopflehens am Fuße der Alm, womit die Sommersaison um einige Zeit verlängert werden konnte. Der Almbetrieb auf der Feldereralm, der die Verarbeitung der gesamten Milch erfordert, wird meist von jungen, ambitionierten Studenten oder Menschen, die sich bewusst für Abwechslung im Arbeitsleben entscheiden, erledigt. Das erwies sich für Rupert Jenerwein 2011 als wahrer Glücksgriff – profilierte sich die gebürtige Regensburgerin Nicole doch nicht nur als temperamentvolle, flotte Sennerin, sondern auch als künftige Ehefrau des Burglehenbauern!
Nach dem Bau des Austraghauses war der Laufstall 2017 das erste Projekt des Jungbauern, das erfolgreich verwirklicht wurde und Bedacht auf die verschiedenen Gegebenheiten nahm.
So entschied man sich bewusst für einen „Butterfly-Melkstand“ mit seitlicher Melkung, um Kühen und Almpersonal möglichst wenig Umgewöhnung zuzumuten. Auch das Weitertragen der züchterischen Ambitionen hat am Burglehenhof perfekt funktioniert und spiegelt sich in der qualitätsvollen 27-köpfigen Milchkuhherde, die sich auf der Herbstweide präsentierte.

Thurner, Oberhof
Altehrwürdig und schön, besticht der Oberhof mit seinem Hofensemble, das mit dem 300-jährigen Bauernhaus und einem alten Stallgebäude die Handwerkskunst vergangener Tage demonstriert.
Die leistungsstarken 20 Milchkühe der Rasse Original Pinzgauer von Familie Thurner genießen den Sommer allesamt trockenstehend auf der Hochalm und kommen dank der hochwertigen Grasvorlage in bester Konstitution nach Hause und erhalten somit ideale Voraussetzungen für den Laktationsstart. Dass der Oberhof seit jeher über gute Genetik verfügt, belegt der hohe Bekanntheitsgrad als Stierzüchter, aktuell erkennbar anhand von drei potenziellen Anwärtern für den Herbststiermarkt am 27. November.
Fritzenwallner, Öbrist
Was im Verbund begnadeter Handwerker geschafft werden kann, wird bei der Ankunft am Öbristhof unverkennbar sichtbar und verweist darauf, dass hier sei eh und je fleißige und visionäre Menschen zu Hause sind. „2015 haben wir den Hof in bestem Zustand übernommen, 2016 realisierten wir vorerst nur den Kälberstall, weil mir die Errichtung des Laufstalles noch zu früh erschien“, mit diesen Worten eröffnete Franz Fritzenwallner seine Betriebsvorstellung. Was folgte, war ein jahrelanger Denkprozess zur Planung des Laufstalles, um dem Milchviehbetrieb, der als einer der höchstgelegenen im Pongau auf 1.300 m steht, eine bestmögliche Zukunft zu verheißen.
Die Fähigkeiten des gelernten Tischlers setzte Franz zwischenzeitlich bei der Renovierung des 400-jährigen Bauernhauses ein, das mit der Beherbergung von 20 Gästebetten ein wesentliches wirtschaftliches Standbein bildet. Die entscheidende Komponente des Stallumbaues galt der zeitlichen Ungebundenheit, die sich in Richtung eines automatischen Melksystems entwickelte und interessanterweise von allen Generationen größte Zustimmung erfuhr. Der hohe Anspruch des Öbristbauern spiegelt sich auch in seiner Original Pinzgauer-Kuhherde, aus der in den letzten Jahren zahlreiche Teststiere hervorgegangen sind!
Gehwolf, Griesbauer
Für einen beeindruckenden Abschluss sorgte die Ankunft beim Griesbauern, wo Familie Gehwolf ihre Privaträume für ein paar Monate in den Container verlegt hat, um das Bauernhaus in alle Richtungen wachsen zu lassen und spätestens zur beginnenden Wintersaison wieder als beliebte „Gästeherberge“ zu öffnen. Auch hier spiegelte sich die Freude über das Interesse der Berufsgenossen und Sepp Gehwolf verwies auf die ebenfalls sehr junge Geschichte des Griesbauernhofes, der erst 1952 vom Großvater gekauft und sukzessive um zwei weitere Höfe vergrößert wurde und nun Heimat für rund 60 bis 65 Original Pinzgauer und acht bis zehn Norikerpferde bietet. Die Vielzahl der Noriker fußt auf einem wichtigen Standbein des Griesbauern –
nämlich der Kutschenfahrt, wo die Gehwolfs im Winter mit zwei Gespannen romantische Pferdeschlittenfahrten zum Jägersee anbieten.
„So wie wir noch nie ein ,Kuhhörndl gerichtet‘ haben, so haben wir immer auf den Natursprung gesetzt, dabei aber nie gespart, was die Auswahl an guten Zuchtstieren betrifft“, ergänzte Altbauer Sepp, der sich nach wie vor mit voller Kraft in den Alltag einbringt. Seit einigen Jahren hat man sich am Griesbauernhof auch den „kleinen Wiederkäuern“ verschrieben, die mit einer stattlichen Tauernscheckenherde der Stolz von Bäuerin Katharina sind.
Gabriel Riedlsperger, als Obmann mitverantwortlich für den gelungenen Tag, zollte den vier Zuchtbetrieben größtes Lob und Anerkennung und bedankte sich für die spürbare Gastfreundschaft und den offenen Meinungsaustausch.