So kommt mehr Milchfett in den Tank
Große Milchverarbeitungsbetriebe haben in letzter Zeit den Auszahlungspreis für die Milchinhaltsstoffe Fett und Eiweiß erhöht und im Gegenzug jenen für den Grundpreis gesenkt. Rohmilch mit hohem Milchfett- und Milcheiweißgehalt macht sich also bezahlt. Vor allem beim Milchfett erreichen Betriebe mit einem hohen Anteil an Grundfutter aus dem Grünland in der Ration die Marke von 4% im Jahresdurchschnitt oft nicht. Welche Möglichkeiten bestehen nun konkret, um den Fettgehalt der Rohmilch zu erhöhen?
Pansenfermentation gibt Ton an
Die Fettsäuresynthese im Euter wird durch eine erhöhte Bildung von Essig- und Buttersäure im Pansen stimuliert. Vermehrt entsteht Essigsäure im Pansen, wenn Rationen mit einem hohen Anteil an abbaubarer Futterfaser gefüttert werden. Wird hingegen ein hoher Anteil an stark verholztem Grünlandfutter eingesetzt (z.B. überständiges Heu mit hohem Ligningehalt), fördert dies die Bildung von Essigsäure nicht.
Eine Erhöhung des Kraftfutteranteils führt hingegen zu einer Reduktion des Milchfettgehalts. Grund dafür ist die vermehrte Bildung von Propionsäure und geringe Bildung von Essigsäure im Pansen aus kraftfutterreichen Rationen. Aus Propionsäure stellt die Leber Glucose, also Energie, her. Durch die höhere Energieversorgung des Körpers wird verstärkt das Hormon Insulin freigesetzt. Dieses Hormon verlagert die Fettsäuresynthese teilweise vom Euter in das Fettgewebe - der Milchfettgehalt sinkt und das Tier setzt Fett an. Das erhöhte Glucoseangebot führt zudem zu einer erhöhten Lactoseproduktion - die Milchmenge steigt, alle anderen Milchinhaltsstoffe wie das Milchfett werden verdünnt.
Quellen des Milchfetts
Milchfett wird im Euter der Kuh aus dem dreiwertigen Alkohol Glycerin und drei Fettsäuren gebildet. Das Ausmaß der Bildung von Milchfett wird wesentlich vom Angebot an Fettsäuren bestimmt. Beim Wiederkäuer stammen diese Fettsäuren aus drei maßgeblichen Quellen:
- Der mengenmäßig größte Anteil der Fettsäuren wird im Euter selbst gebildet. Dazu wird hauptsächlich die Essigsäure und in geringem Umfang auch die Buttersäure aus der Pansenfermentation genutzt. In etwa 50 % der Fettsäuren des Milchfetts stammen aus dem Pansen.
- Eine weitere Quelle für rund 40 % der Fettsäuren im Milchfett sind die Fettsäuren aus dem Futter. Die großteils ungesättigten Fettsäuren der Nahrung werden dabei im Pansen hydriert, es entstehen gesättigte Fettsäuren.
- Fettsäuren können aber auch dem Körperfett der Milchkuh entstammen. Bei einer ausgeglichenen oder positiven Energiebilanz steuert diese Quelle weniger als 10 % der Fettsäuren im Milchfett bei. Hat die Kuh jedoch eine Energieunterversorgung und schmelzt Körperfett ein, werden verstärkt die Fettsäuren aus dem Körperfett in das Milchfett eingebaut. Bei einer stark negativen Energiebilanz (Ketose) können sogar mehr als 30 % der Fettsäuren des Milchfetts aus dem Körperfett stammen. Dies ist am auffällig hohen Milchfettgehalt bei einer Ketose ersichtlich.
Grünfutter senkt Milchfettgehalt
Betriebe mit Weidehaltung oder Grünfütterung sind oft mit niedrigen Milchfettgehalten konfrontiert. Grünfutter hat zwar einen sehr geringen Fettgehalt, jedoch besteht dieses Fett großteils aus ungesättigten Fettsäuren. Diese Fettsäuren werden im Pansen durch Hydrierung zu Trans-Fettsäuren umgebaut, welche die Fettsäuresynthese im Euter hemmen - der Milchfettgehalt sinkt. Grünfutter mit hoher Qualität verstärkt den Milchfettrückgang, da die Hydrierung bei hoher Fermentationsaktivität im Pansen nochmals steigt.
Futterfett muss begrenzt werden
Bei sehr hohen Milchleistungen ist eine Erhöhung der Fettkonzentration in der Futterration bis zu einem gewissen Grad möglich, um die Versorgung mit Energie und Fettsäuren zu erhöhen. Zu hohe Fettkonzentrationen im Futter beeinflussen die Pansenfermentation jedoch negativ und behindern den Faserabbau im Pansen – es wird weniger Essigsäure gebildet und der Milchfettgehalt sinkt. Bei erhöhtem Fettgehalt der Ration wird aber mehr Propionsäure gebildet. Die Lactoseproduktion und somit die Milchmenge steigen und es tritt ein Verdünnungseffekt auf.
Grundsätzlich sollte eine Wiederkäuerration nicht mehr als 4% Fett enthalten. Beim Einsatz von geschütztem Fett kann der Gehalt in der Ration auf bis zu 6% erhöht werden.
Einsatz von Kraftfutter
Kraftfutter effizient einzusetzen heißt, Kraftfutter dann zu füttern, wenn es die Kuh braucht, und so zu füttern, dass möglichst wenig Grundfutter verdrängt und der Pansen geschont wird. Folgende Punkte sind entscheidend:
- 1,5 kg maximale Kraftfutterteilgabe pro Kuh
- 1,5 kg maximale Kraftfuttersteigerung pro Woche nach Kalbung
- Kraftfuttergaben nach tatsächlichem Bedarf
- Anfütterung in der Trockenstehzeit bei höheren Leistungen
- Hochwertiges Kraftfutter zu Laktationsbeginn
- Mischwagenwartung gegen Futterselektion
- Regelmäßige Grundfutteruntersuchungen
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Maßnahmen in der Fütterung
Die wichtigste Maßnahme für hohe Milchfettgehalte ist, wiederkäuergerechte Rationen zu füttern. Dies beinhaltet einen ausreichenden Anteil an pansenabbaubarer Futterfaser, um die Essigsäureproduktion hoch zu halten. Zudem ist der Anteil an strukturiertem Futter entscheidend, um eine hohe Wiederkauaktivität und somit ein entsprechendes Pansenmilieu beizubehalten. Bei der laktierenden Kuh ist stark verholztes Grundfutter daher als Strukturfutter zur Erhöhung der Wiederkauaktivität jedoch in geringen Mengen geeignet.
Wie oben erwähnt, beeinflusst der Kraftfuttereinsatz den Milchfettgehalt sehr stark. Bei kraftfutterreichen Rationen mit mehr als 50% Kraftfutter in der Ration wird es schwierig, einen hohen Milchfettgehalt zu erreichen, weil solche Rationen wenig Faser enthalten. Auch bei geringen Kraftfuttermengen hängt viel von der Verabreichung des Kraftfutters ab. Die Portionsgröße, die Steigerung am Laktationsbeginn und die Zusammensetzung des Kraftfutters müssen in jedem Fall wiederkäuergerecht gestaltet werden. Zu große Kraftfutterportionen und eine zu schnelle Steigerung nach der Kalbung senken den Milchfettgehalt und beeinflussen die Gesundheit des Tieres negativ (Pansenübersäuerung).
Futterfettezusatzstoffe: Öle und Fette
Je nach Wirtschaftsweise ist die Zulage von Futterfett gesondert zu betrachten. In der biologischen Wirtschaftsweise wird die Obergrenze von 4% Fett in der Ration meist durch den Einsatz von ölhaltigen Eiweißfuttermitteln wie Sonnenblumen-, Raps- und Sojakuchen erreicht bzw. überschritten. Eine weitere Zulage ist daher oft nicht möglich. Wird Futterfett bzw. Futteröl eingesetzt, muss dies den Vorschriften des biologischen Landbaus entsprechen.
In der konventionellen Wirtschaftsweise ist der Zusatz von Ölen bzw. Fetten zur Ration zur Erhöhung des Milchfettgehalts bei gleichzeitigem Einhalten der Einsatzgrenzen prinzipiell möglich. Ob eine Erhöhung des Fettgehalts der Ration auch eine höhere Milchfettkonzentration bringt, hängt von der Art des zugesetzten Fettes oder Öls sowie den anderen Rationskomponenten ab. Infrage kommen dafür vor allem pansengeschützte Fette, welche dem Wiederkäuer zur Verdauung im Dünndarm zur Verfügung stehen. Dabei muss beachtet werden, dass diese Fette immer schlechter verdaulich sind als die nativen Fette bzw. Öle und je nach Art des Fetts unterschiedliche Verdaulichkeiten erreicht werden.
Faserabbauende Pansenbakterien fühlen sich bei einem höheren pH-Wert im Pansen wohler als kraftfutterabbauende Bakterien. Deshalb kann durch den Einsatz von Puffersubstanzen (Natriumbicarbonat …) und Lebendhefe ein starkes Absinken des pH-Wertes verhindert und somit eine höhere Essigsäureproduktion und höherer Milchfettgehalt erreicht werden.
Zu beachten ist, dass die Kosten solcher Futtermittel mit dem erzielten Erlös in Relation gebracht werden müssen. Generell gilt aber, dass der positive Effekt von Spezialfuttermitteln auf den Milchfettgehalt höher ist, je niedriger der Ausgangsmilchfettgehalt liegt. Oder anders gesagt: Ein Milchfettgehalt von 3,5% lässt sich leichter steigern als einer von 4%.
Fazit
Basis für die Milchgeldauszahlung ist immer die Fett- bzw. Eiweißeinheit - das heißt, Milchmenge multipliziert mit dem Milchfett- und Milcheiweißgehalt. Für das gesamt Milchgeld ist also auch die Milchmenge wesentlich, zumal sich allfällige Qualitätszuschläge meist auf die Milchmenge beziehen. Bei Betrieben mit hohem Grünfutteranteil in der Ration lässt sich aus oben genannten Gründen eher durch die Steigerung der Milchmenge ein höheres Milchgeld erzielen als durch die Steigerung des Milchfettgehalts. Andernfalls müsste das günstige Grünfutter aus der Ration verdrängt und durch zugekauftes Grund- und Kraftfutter ersetzt werden. Generell gilt es durch die fachgerechte Rationsgestaltung und den gekonnten Einsatz von Grund- und Kraftfutter einen hohen Milchfettgehalt zu erzielen. Erst wenn die betrieblichen Hausaufgaben erledigt sind (Grundfutterqualität, effizienter Kraftfuttereinsatz …), kann der Einsatz von Spezialfuttermitteln erwogen werden.