Landwirtschaft und Gastro: Durchs Reden kommt man zam
Sensibilisieren und informieren
„Es ist keineswegs selbstverständlich, dass Wege, Langlaufloipen oder Tourenrouten über private Grundstücke führen dürfen. Deshalb versuchen wir Hintergründe zu erläutern und die Urlaubsgäste entsprechend zu informieren“, schildert Theresia Moser.
Margot und Erich Langreiter kennen beide Seiten – sowohl die Rolle des Gastgebers als auch die des Landwirts. Sie bewirtschaften den Heustadlhof mit rund 30 Milchkühen und 30 Stück Nachzucht. Außerdem ist Erich Jäger und Margot als TEH-Praktikerin weitum für ihr Kräuterwissen bekannt. Im Sommer zieht Familie Langreiter mit Sack und Pack auf die „Karalm“. Beim Alpengasthof werden Frühstück und Abendessen für Hausgäste und an bestimmten Tagen auch für Tagesgäste angeboten. Im Jahr 1995 hat die Familie im kleinen Stil mit der Direktvermarktung begonnen. Bis heute können zahlreiche Kräuterprodukte sowie Fleisch, Speck und geräuchertes und gebeiztes Wild im Hofladen erworben werden. „Durch die Veredelung schaffen wir aus unseren Ressourcen die höchstmögliche Wertschöpfung“, so Margot. Aus Sicht der Familie ist beim Zusammenwirken von Tourimus und Landwirtschaft vor allem die richtige Herangehensweise entscheidend. „Bei neuen Vorhaben gehört zuerst mit den Bauern geredet. Falls die Idee abgelehnt wird, muss man hinterfragen, warum das so ist“, ist sich das Ehepaar Langreiter einig.
Da braucht‘s Flexibilität
In einer anderen Sparte haben Sandra und Otmar Huber vom Schattergut Fuß gefasst. Sie haben sich der Haltung von Legehennen verschrieben. Die insgesamt 800 Hühner sind in drei fahrbaren Ställen untergebracht. Neben dem Absatz über den eigenen Hofladen bedienen die Hubers auch sechs Wirte. Besonders die Preisvereinbarung war anfangs herausfordernd. Eine weitere Hürde stellen Zwischensaisonen dar.
Doch nicht nur die Landwirte, sondern auch die Gastronomen müssen für eine gelingende Zusammenarbeit Flexibilität beweisen. Denn nicht immer sind Produkte in der gewünschten Menge verfügbar. Ein Gastrobetrieb, der den zusätzlichen Aufwand bereitwillig in Kauf nimmt, ist der Ammererhof in Kolm Saigurn. „Klar bedeutet die Absprache mit dem Landwirt einen Mehraufwand. Aber wir leben direkt im Nationalpark und somit von der Natur. Deshalb und wegen der hohen Qualität der Produkte kaufen wir regional. Wir wollen wissen, wo‘s herkommt“, so Gastwirtin Miriam Popp. Neben Produkten wie Eiern, Käse, Wurst und Honig bezieht man beim Ammererhof auch das Rindfleisch von Landwirten aus dem Ort. Dabei wird das gesamte Rind verwertet. Eine dieser Kooperationen ist vor zwei Jahren entstanden. „Die Zusammenarbeit haben wir unserem Metzger Klaus Rathgeb zu verdanken. Als Gast-
ronom ist der Kontakt zu den Landwirten nämlich gar nicht so einfach zu finden“, wissen die Wirtsleute aus eigener Erfahrung.
Auch beim größten Gastronomiebetrieb von Rauris, dem Rauriserhof, setzt man auf regionale Lebensmittel. Das Vier-Sterne-Hotel bezieht unter anderem Rind, Wild, Lamm und Kitz aus der Region und trägt das SalzburgerLand-Herkunfts-Zertifikat. „Wir verfolgen diesen Weg aus Überzeugung, einerseits weil wir die hohe Qualität schätzen, andererseits, weil dadurch die Wertschöpfung im Tal bleibt“, schildert Sandra Mayr. Der Rauriserhof bezieht ebenfalls das gesamte Tier und verkocht es „from nose to tail“ oder arbeitet gegebenenfalls mit anderen Wirten zusammen. „Wir kooperieren zum Beispiel mit einer Skihütte. Wir bekommen die Edelteile und unser Partner verkocht die Nicht-Gustostücke“, so Familie Mayr.
Es ist darauf zu achten, dass ...
- ... vor allem Almtiere für eine entsprechende Fettabdeckung ausgemästet werden.
- ... jeder Wirt eine Rechnung braucht. Bei be- oder verarbeiteten Produkten muss eine Meldung als LW-Nebentätigkeit erfolgen (betrifft pauschalierte Betriebe).
Als Touristiker brauchen wir die Bauern
Als Wirt, gelernter Koch und Obmann des Tourismusverbandes Rauris kennt Kurt Winkler vom Gasthaus Maislau die Thematiken der Gastro nur zu gut, ist sich aber auch sicher: „Als Touristiker brauchen wir die Bauern.“ Außerdem schätzt er die Qualität der heimischen Produkte. Die Speisekarte beim Maislau gestaltet sich demnach seit Jahren so, dass das ganze Tier verwertet wird. „Es ist allerdings schwer, gutes Personal zu finden. Das betrifft vor allem geeignete Köche“, unterstreicht er. Besonders wichtig ist Silvia und Kurt Winkler eine konstante Qualität der Produkte. Einen großen Vorteil bei der Verarbeitung von heimischen Lebensmitteln sieht man überdies in den kurzen Wegen vom Landwirt zum Metzger bis ins Wirthaus.
Metzger aus Leidenschaft
Ein wesentliches Bindeglied zwischen Bauern und Wirten in Rauris und Umgebung ist Klaus Rathgeb. Er ist Landwirt, selbstständiger Metzger und Viehhändler. Pro Woche schlachtet er in seinem 2016 errichteten Schlachthaus vier bis fünf Großvieheinheiten. Großes Augenmerk legt Rathgeb auf den Reifeprozess. Dabei setzt er auf die Trockenreifung, auch Dry Aging genannt. Bei diesem Verfahren wird das Fleisch im Kühlraum direkt am Knochen gereift. „Rindfleisch hängt bei mir drei Wochen, Beef rund zwei Wochen ab. Durch die lange Reifezeit lässt sich das ganze Jahr über eine gleichbleibende Qualität erzielen“, erklärt Rathgeb. Dieses zeitaufwändige Verfahren ergibt überdies ein besonders zartes Fleisch. Nichtsdestotrotz muss auch das Tier in entsprechender Qualität geliefert werden. Rathgeb appelliert insbesondere bei Almtieren zur Ausmast im Herbst mit Heu und Kraftfutter. Das sorgt für eine ansprechende Fettabdeckung. „Ideal wäre eine Fettklasse von 3“, ergänzt er. Rathgeb ist Metzger aus Leidenschaft und wahrscheinlich genau deshalb so bemüht, Gastronomen und Landwirte zusammenzubringen.
Generell lautet der Tenor der Rauriser Touristiker und Landwirte gleichermaßen: „Durchs Reden kommen die Leute zam.“