Kleider machen Leute, auch am Land
Vater ging noch auf die Stör
Noch während der Kriegsjahre erlernte Peter Forsthuber, Allmannsgrubbauer aus Seekirchen, das Schusterhandwerk von seinem Vater. Der Vater betrieb eine Schusterei als Zuerwerb zur kleinen Landwirtschaft. „Ohne Zuerwerb hätte die kleine Landwirtschaft nicht überleben können“, erklärte er in einem Bauernbuch. Die Schusterarbeit wurde in der Stube verrichtet. Der Arbeitsplatz war auf einem Podium in der Ecke platziert. Der Vater ging in den Dreißigerjahren noch auf die sogenannte Stör. Im Herbst und im Winter war er die meiste Zeit unterwegs. Der Störhandwerker wurde vom Bauern, der ihn brauchte, bestellt.
Der Vater, der meist mit dem Rad, im Winter zu Fuß, unterwegs war, blieb dann für einige Tage auf dem Hof und fertigte dort neue Schuhe, wenn sie benötigt wurden, oder reparierte die alten. Wenn Neuarbeiten notwendig wurden, fuhr er zwischendurch schnell nach Hause, um die Oberteile anzufertigen, die er nur in der Werkstatt erzeugen konnte. Die Kundschaften aus der Nachbarschaft brachten ihre Schuhe zum Reparieren zum Hof.
Im Hochzeitsanzug begraben
„Früher“, konnte sich Peter Forsthuber noch erinnern, „hatten die Leute vier verschiedene Gewänder“. Das meistgetragene war das Arbeitsgewand, für das meist ein abgetragenes Feiertagsgewand verwendet wurde. Dann gab es das Feiertagsgewand für die schlechten Feiertage, an denen nicht in die Kirche gegangen wurde. Meist ist ein noch schönes Sonntagsgewand, das aber nicht mehr als solches verwendet wurde, verwendet worden. Für die gewöhnlichen Sonntage gab es dann einen schönen Sonntagsanzug. Auch für die hohen kirchlichen Feiertage gab es noch ein spezielles Gewand. Meist fand dafür der Hochzeitsanzug Verwendung, aus dem die Leute in der Regel bis zum Tod nicht hinauswuchsen, berichtet Forsthuber, der sich um die Heimatvereine verdient gemacht hat. Damals wurden die Leute meistens sogar im Hochzeitsanzug, dem sogenannten Brautgwandl, begraben.
Für Frauen gab es keine Unterhosen
Von seiner Mutter weiß Peter Forsthuber noch, dass die Leute damals im Sommer keine Unterhosen trugen.
Die Männer trugen im Winter lange Unterhosen, die am Bauch und unten bei den Füßen zu binden waren. Die Buben trugen eine Art Overallunterwäsche aus Frottee, die zwischen den Beinen eine Öffnung hatte, damit sie nicht beim Verrichten der Notdurft extra ausgezogen werden musste. Für Frauen gab es keine Unterhosen. Wenn es den Frauen im Winter zu kalt wurde, zogen sie mehrere Unterröcke an.
Städtische Mode schwappte auch aufs Land über
Um die Jahrhundertwende kam es am Land in Mode, sich städtisch zu kleiden. Die Bauern trugen als Sonntagsgewand städtische Anzüge. „Deshalb taten sich in dieser Zeit am Land Leute zusammen, denen das Tragen der althergebrachten Trachten am Herzen lag“, erklärt Peter Forsthuber, der lange Zeit als Bezirksobmann der Heimatvereinigungen tätig war. Später, als die Trachten auch in der Stadt wieder modern wurden, wollten sich die Landbewohner ebenfalls trachtig anziehen. Meist dauerte es immer ein paar Jahre, bis die Modewellen von der Stadt aufs Land überschwappten.
Den ersten Aufschwung erlebte die Tracht nach dem Ersten Weltkrieg, sie kam aber bald wieder ab. In der Zeit des Zweiten Weltkrieges kam es zu einem neuerlichen Trachtenboom. Doch in den ersten Nachkriegsjahren wurde das Tragen von Trachten immer unbeliebter, was sich sicherlich erst in den Siebzigerjahren wieder änderte.