Fahnenspende für die „Jungfrauen“
Maria Hinterseer muss eine beeindruckende Frau gewesen sein. Beim Erntedankfest in St. Martin bei Lofer gab es heuer einen besonderen Anlass, um an die Bergbäuerin zu erinnern. 1887 wurde sie beim Güntherbauer geboren, nach fünf Jahren war sie bereits Waise. Sie blieb auch später von Schicksalsschlägen nicht verschont. Mit erst 20 Jahren hat sie geheiratet und den Hof der Eltern übernommen, um den sich bis dahin ein Onkel kümmerte. Von ihren sieben Kindern haben nur drei überlebt. Von diesen ist dann der Hoferbe im Krieg gefallen.
Ungewöhnliche Spende
In den wirtschaftlich schwierigen 20er-Jahren hat Maria ein ungewöhnliches Zeichen gesetzt: Sie hat eine Fahne für die ledigen Mädchen und Frauen gespendet, die damals bei Prozessionen als Gruppe der „Jungfrauen“ teilnahmen. Es ist zwar nicht bekannt, wo die Fahne angefertigt wurde und wie viel sie gekostet hat. Es kann für die Bäuerin jedenfalls nicht einfach gewesen sein, das Geld für die teure Anschaffung aufzubringen. Die Angelegenheit muss ihr wohl unglaublich wichtig gewesen sein. Zum Glück sind ihre Beweggründe dafür überliefert. „Meine Oma wollte, dass die Jungfrauen eine leichtere Fahne haben, die sie selber tragen können, damit sie nicht den Männern hinterherlaufen müssen“, erzählt ihr Enkel Willi, der heute mit seiner Familie den Hof bewirtschaftet.
Großzügige Geste
Diese faszinierende Geschichte setzt sich fort, denn die sogenannte „Jungfrauenfahne“ war seit Jahren in desolatem Zustand und wurde nicht mehr verwendet. Die Trachtenfrauen, die heuer ihr 20-Jahr-Jubiläum feiern, wollten sie daher als Vereinsfahne restaurieren lassen. Das schien allerdings ein unerreichbarer Traum, denn die Sanierung durch die Firma Fahnengärtner in Mittersill sollte 13.000 Euro kosten. Diese Summe konnte der Verein nicht aufbringen. Willi und seine Frau Maria erklärten sich aber bereit, die Kosten zu übernehmen. Die prächtige Fahne strahlt nun in neuem Glanz. „Es war uns wichtig, dass die Fahne erhalten bleibt. Das ist auch ein Zeichen der Dankbarkeit, weil ich einen schweren Unfall hatte und wieder genesen bin“, so Willi. Seine Oma starb mit 65 Jahren. Sie hätte das neue Leben ihrer Fahne sicher geschätzt.