Biberpopulation explodiert, Bauern bleiben auf Schäden sitzen
Michael Gassner, Hanselbauer aus Saalfelden, kann nur noch den Kopf schütteln. Mitten in seiner Wiese klaffen zwei tiefe Löcher mit mehr als einem Meter Durchmesser. „Wenn du da mit dem Traktor reinfährst, dann musst du Glück haben, dass du nicht umkippst“, wirkt er ein wenig verzweifelt. Verantwortlich für das große Loch ist ein Biber. Die Tiere graben ihre Bauten mit langen Röhren in die Uferböschungen. Am Grundstück von Michael Gassner reichen diese Biberburgen weit ins Feld hinein, ein besonders großes Loch liegt mehr als 20 Meter von der Bachkrone entfernt. Leider ist das mittlerweile kein Einzelfall, wie auch das Beispiel von Grundnachbar Sepp Hirschbichler zeigt. Er ist im Vorjahr bei der Heuernte mit dem Traktor und dem Schwader in einen solchen Biberbau eingebrochen. Dabei hatte er noch riesiges Glück, dass es keinen Personenschaden gab. „Man kann den Bau von oben natürlich nicht erkennen. Wenn man dann mit einer Maschine darüberfährt, gibt der Boden plötzlich nach. Wenn das an der Böschung passiert und der Traktor ins Wasser stürzt, dann birgt das eine riesige Gefahr“, ist der Landwirt überzeugt. Erst als man mit einem Bagger das Loch zugeschüttet hat, wurden die Dimensionen so richtig offensichtlich: „Der Bau hatte einen Durchmesser von rund zwei Metern, wir haben insgesamt fünft Tandemkipper an Material in des Loch gefüllt. Diese Menge muss man sich einmal vorstellen.“
Der Biber hat sich rasant ausgebreitet
Für die Bäuerinnen und Bauern, die hier in Ruhgassing und Gerling ihre Wiesen haben, ist es höchst an der Zeit, dass man gegen den Biber etwas unternimmt. „Der Biber hat sich in den letzten Jahren rasant vermehrt, es kann so einfach nicht weitergehen“, sagt Siegfried Deutinger. Offiziell ist es ein einziges Biberpärchen, das sich hier angesiedelt hat. „Wenn wir uns ansehen, wie viele Biberburgen es alleine an dem wenige Kilometer langen Entwässerungsgraben gibt, dann sind das mindestens zehnmal so viele Tiere, die hier leben.“ Das bestätigte sich auch beim Lokalaugenschein in der Vorwoche mit BBK-Obmann Klaus Vitzthum. Alle fünf bis zehn Meter erkennt man einen Biberweg in die Wiese hinein. Beinahe schon wöchentlich entstehen am Graben neue Biberdämme, die aufwändig entfernt werden müssen. Rechtlich ist das erlaubt, weil das Gewässer keinen Lebensraum für den Biber bietet. Der Schaden für die Bäuerinnen und Bauern ist dennoch enorm. BBK-Obmann Klaus Vitzthum: „Wir reden hier nicht nur von zusätzlichem Arbeitsaufwand, sondern von hohen Wiederherstellungskosten. Rechnet man die Arbeitsstunden der Baumaschinen und das Material für die Verfüllung auf, so verschlingt die Beseitigung eines Biberbaues schnell einmal 1.000 Euro.“ Mehrmals wurde daher versucht, über das Land Entschädigungen zu erwirken – bislang wurden die Betriebe allerdings nur vertröstet. Vitzthum: „So kann es nicht weitergehen. Wenn die Gesellschaft den Biber haben will, dann muss sie auch für die Schäden auf privaten Flächen aufkommen.“
Besonders ärgerlich ist die Situation auch für Hans Rattensberger, er ist als Obmann der Entwässerungsgenossenschaft für die Instandhaltung des offenen Kanals verantwortlich. Das Gerinne wurde in den 60er-Jahren gebaut und bietet eigentlich keinen geeigneten Lebensraum für den Biber. Dennoch zerstören die Tiere die Uferabstützungen aus Holz und Steinen, der offene Graben wird damit immer breiter. Die flachen Böschungen, die gemäht werden müssen, sind nur mehr unter Gefahr zu befahren. „Es geht hier nicht nur um die Bauern, die hier wertvolle Wiesen verlieren. Um das Gebiet sind einige Siedlungen entstanden. Wenn die Wasserableitung über die Wiesen nicht mehr funktioniert, dann wird die ganze Fläche zum Retentionsbecken – allerdings mit dem Problem, dass dann die Häuser mitten drinnen stehen und überflutet werden.“ Er warnt davor, mit Maßnahmen bis zum nächsten Hochwasser zu warten. Mit jedem zusätzlichen Biber steige die Gefahr für die Häuser weiter an. Selbstredend wird es durch die Probleme mit dem Biber immer schwieriger, Obmänner und Funktionäre für die Genossenschaften zu finden. „Man ist verantwortlich dafür, dass der Vorfluter funktioniert und in Schuss gehalten wird – die massiven Schäden, die der geschützte Biber anrichtet, lassen vieles zur Sisyphosarbeit verkommen.“
Klaus Vitzthum:
Wenn die Gesellschaft den Biber haben will, dann muss man endlich auch für die Schäden auf den privaten Flächen aufkommen.
Es braucht dringend auch Biber-Abschüsse
Für die Grundbesitzer und BBK-Obmann Klaus Vitzthum ist klar: Der Biber breitet sich in einer Geschwindigkeit aus, die eine Regulierung dringend nötig macht. Siegfried Deutinger: „Wir haben nichts dagegen, wenn sich einige Tiere hier ansiedeln. Der Biber hat aber keine natürlichen Feinde und die Population explodiert regelrecht. Die offiziellen Zahlen des Landes müssen daher endlich angepasst werden, die stimmen längst nicht mehr.“ Und er warnt: „Die Bäuerinnen und Bauern werden hier alleine gelassen und die Wut ist groß. Wenn hier nicht bald gehandelt wird, dann wird dieser Konflikt schnell eskalieren.“