Bauer Lindner im Mittelpunkt der Welt
Wie die Weltgeschichte so spielt: Mattsee stand einige Tage im Jahre 1945 – also vor nunmehr 80 Jahren – im Mittelpunkt und der Weberbauer Josef Lindner aus Mattsee-Schalkham mittendrin.
Ungarns Regierung flüchtete vor Russen
Lindner hatte sich nach dem Krieg für Politik interessiert und wurde sodann auch zum Bürgermeister seiner Marktgemeinde gewählt: Auf der Flucht vor den einmarschierenden Russen hatte sich die faschistische Regierung Ungarns in den Westen abgesetzt. Ministerpräsident Ferenc Scalasi und seine Gefolgsleute kamen am 4. April 1945 bis Mattsee, wo sie die einmarschierenden Amerikaner abwarteten. Sie logierten im Gasthof „Seewirt“. Der stellvertretende Ministerpräsident Jenö Szöllösi hat in diesen unruhigen Tagen in Mattsee geheiratet, offenbar aus Panik.
Pfarrer verwahrte Schätze für die Ungarn
Der ungarische Oberst Ernö Pajtas, Kommandant der Kronwache, bat eines Nachts Stiftssenior Anton Strasser, den Krönungsmantel, die Handreliquie des heiligen Stephan, eine lederne Briefmappe mit alten Dokumenten und Silberutensilien aufzubewahren, was dieser auch tat. Er hatte dazu den Diwan entfernt und die Kiste mit der Diwandecke zugedeckt, sodass selbst die Köchin nichts davon bemerkte. Weitere Schätze wie bedeutende Mengen von Silber- und Goldsachen sowie das Tafelgeschirr des Krönungsmahles wurden im Bindschuppen des Stiftes in Zellhof, der vom Stiftszimmerer verwaltet wurde, später gefunden. Der Koch der Ungarn hatte dies verraten. Auch die beim Pfarrer verwahrten Gegenstände wurden sodann den Amerikanern übergeben. Die Handreliquie wurde unter strenger Bewachung zuerst in der Stiftskirche aufbewahrt. Nach kurzer Verehrung wurde sie von den Amerikanern unter Begleitung des Salzburger Erzbischofs Andreas Rohracher von dort abgeholt. Der Kirchplatz von Mattsee war von einem starken Militäraufgebot der Amerikaner besetzt.
Stephanskrone gesucht
Doch die Stephanskrone, das wichtigste Stück, war vorerst unauffindbar. Der Ministerpräsident hatte sie persönlich verwahrt und vergraben. Es wurde an vielen Orten gesucht und gegraben. Der Weberbauer Josef Lindner war dabei, als sie schließlich auf einem Grundstück der Familie Iglhauser auf einer Anhöhe über Mattsee in Nunersee gefunden werden konnte. Die Reliquie wurde 1945, der Kronschatz 1978 zurückgegeben.
Der heilige Stephan
Der heilige Stephan I. (969–1038) aus dem Geschlecht der Arpaden war der erste König Ungarns und ist heute der Nationalheilige des Landes. Er christianisierte die heidnischen Magyaren. Sein Gedenktag ist der 20. August, der in Ungarn auch Staatsfeiertag ist. Die Krone des hl. Stephan ist Staatsinsignie Ungarns als Königreich und in der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn und krönt auch das heutige Staatswappen der Republik Ungarn.