Wenn der Regenwurm zur Plage wird
Er ist einer der wichtigsten Helfer der Bäuerinnen und Bauern im Untergrund und hoch geschätzt: der Regenwurm. Eine aus dem Süden eingeschleppte Unterart bringt allerdings nun Betriebe im Flachgau zur Verzweiflung: der Schwarzkopfregenwurm. Seine bis zu acht Zentimeter großen Losungshäufchen an der Erdoberfläche lassen Traktoren im Steilgelände abrutschen und verschmutzen das Futter so stark, dass betroffene Wiesen im Frühling und Herbst nicht mehr genützt werden können.
Bei der Familie Huber, Mayerbauer in Seeham sind bereits die gesamten 18 Hektar des Betriebes betroffen: „Wir wissen uns mittlerweile nicht mehr zu helfen. Die Wiesen sind so stark verschmutzt, dass das Futter nicht mehr geerntet werden kann. Die Kosten für den Futterzukauf sind auch eine enorme finanzielle Belastung, auf Dauer lässt sich das nicht mehr durchhalten.“ So wie ihnen geht es mehreren Betriebe, in der Region. Der Schwarzkopfregenwurm hat sich hier in den vergangenen Jahrzehnten massenhaft vermehrt, die Folgen sind beträchtlich, vor allem auch deshalb, weil es keine Möglichkeit zur Bekämpfung gibt. LK-Grünlandexperte Dipl.-Ing. Matthias Greisberger: „Langjährige Versuche mit unterschiedlichen Dünge- und Spritzmitteln brachten leider keinen Erfolg. Eine wiederkehrende Bodenbearbeitung etwa mit einer Fräse kann zwar die Wurmaktivität stören oder verringern, allerdings sind die Schwarzkopfregenwürmer nur bei ausreichend Bodenfeuchtigkeit an der Oberfläche. Genau bei diesen Verhältnissen besteht die Gefahr, dass man durch eine Boenbearbeitung die Bodenstruktur zerstört.“
Mehr Forschung nötig
Der Vizepräsident der Landwirtschaftskammer Salzburg, Georg Wagner, hat sich am Freitag selbst ein Bild vor Ort in Seeham gemacht. „Für den einzelnen Betrieb ist dieses massenhafte Auftreten eine Katastrophe. Wir können nur hoffen und appellieren, dass die Wissenschaft hier mehr forscht und doch eine Möglichkeit findet, den Schwarzkopfregenwurm in Schach zu halten.“
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Die Silage stinkt und wird von Tieren verschmäht
Am Betrieb Huber hat man in den vergangenen Jahren jedenfalls selbst schon alles Mögliche versucht. Von Nemathoden bis hin zur Düngung und Beweidung hat nichts auch nur ansatzweise Wirkung gezeigt. Da die Flächen zum Obertrumersee hin relativ steil abfallen, ist durch die Erosionsgefahr auch ein Fräsen oder Pflügen der Wiesen unmöglich. Das verschmutzte Futter führt immer wieder zu Problemen mit der Tiergesundheit. Grünfutter und auch das Heu sind stark mit Erde verschmutzt. Greisberger kennt die Probleme: „Speziell bei der Silagebereitung führt die Verschmutzung zu Fehlgärungen. Die Silage stinkt und wird von den Tieren verschmäht. Die Tiergesundheit leidet und das Risiko z. B. für die tödliche Krankheit Botulismus steigt.“ Auch er hofft, dass man doch noch eine Behandlungsmöglichkeit findet. „Wir werden mit Biologen und Wissenschaftern weitere Maßnahmen prüfen.“
Biologe Seewald: Wurm wurde mit Blumen eingeführt
Wie kann man feststellen, ob es tatsächlich der Schwarzkopfregenwurm ist? Der Biologe Fritz Seewald hat in Seeham einen Quadratmeter der Wiese mit einer Formaldehyd-Lösung begossen, worauf die Regenwürmer an die Oberfläche kamen, abgesammelt und gezählt werden konnten. Auf der Fläche der Familie Huber stellte er 150 bis 200 Würmer je Quadratmeter fest. Die verschiedenen Arten können grundsätzlich nur von Experten unterschieden werden. Der Schwarzkopfregenwurm hat einen dunkelbraunen Vorderteil, nach dem Gürtel ist er normal hell gefärbt. Ungewöhnlich hohe Häufchen seien untrügerisches Zeichen für die Art, die häufig auch in Hausgärten anzutreffen sei. Denn eingeführt wurde er über Wurzelballen aus Italien und Frankreich. Passen die Bedingungen, breitet er sich für einen Regenwurm geradezu rasend schnell aus: zehn bis zwölf Meter am Tag sind möglich. Und Seewald vermutet, dass er dabei die heimischen Arten verdrängt.