Was ändert das neue TAMG für die Landwirte?
Seit 1. Jänner 2024 ist in Österreich das neue Tierarzneimittelgesetz (TAMG) in Kraft. Es ersetzt das Tierarzneimittelkontrollgesetz (TAKG). Eine Gesetzesänderung/Neustrukturierung war notwendig, da mit der Verordnung (EU) 2019/6 (Tierarzneimittel) EU-weite Vorgaben zur Antibiotika-Reduktion geschaffen wurden, die in jedem Mitgliedstaat entsprechend umzusetzen sind.
Der Großteil des TAMG betrifft Tierärztinnen und Tierärzte, wobei zwei Paragraphen auch direkt bzw. indirekt die Landwirtinnen und Landwirte betreffen:
- § 54 Schwellenwertsystem
- § 61 Einsatz von Antibiotika
Schwellenwertsystem
In § 54 wird ein Schwellenwertsystem beschrieben, mit dessen Hilfe dauerhafte "Antibiotika-Vielverbraucher" erkannt werden sollen und Maßnahmen zur Verbesserung vorgeschrieben werden. Grundsätzlich ist das System in sechs Stufen aufgebaut, wobei zwischen jeder Stufe ein Jahr vergeht (Evaluierungszeitraum). Der Schwellenwert, ab dem Maßnahmen bei Überschreitung getroffen werden müssen, steht noch nicht fest! Hierzu bedarf es noch Überlegungen seitens des Ministeriums und bis zur wirklichen Umsetzung wird es noch einige Zeit dauern.
Einsatz von Antibiotika
Laut § 61 TAMG ist kein routinemäßiger Einsatz von Antibiotika erlaubt, um:
- mangelhafte Hygiene, unzulängliche Haltungsbedingungen oder Pflege oder unzureichende Betriebsführung auszugleichen
- das Wachstum der Tiere zu fördern
- den Ertrag zu steigern
Der prophylaktische (vorbeugende) Einsatz ist grundsätzlich verboten! Eine Ausnahme stellt die Prophylaxe bei Einzeltieren oder einer begrenzten Anzahl an Tieren dar, wenn das Risiko einer Infektion sehr hoch ist und die Folgen wahrscheinlich schwerwiegend wären.
Weiters sind in § 61 Vorgaben für Tierärztinnen und Tierärzte zu finden, unter welchen Bedingungen ein Erregernachweis und eine Empfindlichkeitsprüfung (Antibiogramm) zwingend erforderlich sind und wann im Rahmen der Diagnosestellung davon abgesehen werden kann.
Was heißt das für den Landwirtin und die Landwirtin?
Die in der Milchwirtschaft am häufigsten gebräuchliche Prophylaxemaßnahme ist das systematische Trockenstellen von allen Kühen am Betrieb. Dieser routinemäßige Einsatz von antibiotischen Trockenstellern bei allen Tieren im Bestand ohne Begründung ist nunmehr verboten. Aber was nun? Dürfen gar keine Kühe mehr antibiotisch trockengestellt werden? Nein, natürlich nicht. Es müssen nur ab sofort ein System und eine Begründung vorhanden sein, warum Kühe im Bestand mit antibiotischen Trockenstellern trockengestellt werden.
Wie kann man das erreichen?
- Einsendungen von bakteriologischen Milchuntersuchungen vor dem gewünschten Trockenstehzeitpunkt - also ein Erregernachweis des Einzeltieres
- Ein am besten mit dem Betreuungstierarzt gemeinsam erarbeitetes Konzept, unter welchen Kriterien Tiere antibiotisch trockengestellt werden - Vorerkrankungen in der Laktation, hohe Zellzahl, Sanierung des Betriebes aufgrund spezieller Erreger (Staphylococcus aureus, Streptococcus uberis)
- generell selektives Trockenstellen am Betrieb
Was ist mit selektivem Trockenstellen gemeint?
Darunter versteht man, dass nur Kühe im Bestand antibiotische Trockensteller bekommen, die nachweislich euterkrank sind (Erregernachweis und/oder hohe Zellzahl). In Österreich steckt die konsequente Umsetzung eines selektiven Trockenstell-Konzepts bei den meisten Betrieben noch in den Kinderschuhen. Meist ist es Bequemlichkeit, alle Tiere antibiotisch trockenzustellen, teilweise aber natürlich auch, um diverse hygienische Mängel auszugleichen, denn dann muss man sich weniger Gedanken über Neuinfektionen in der Trockenstehzeit machen. Lernen können wir in dieser Hinsicht von Dänemark, wo es bereits seit 1994 verboten ist, generell alle Tiere antibiotisch trockenzustellen, und den Niederlanden, die seit 2012 auch nur noch begründet (Erkrankungsnachweis) mit Antibiotika trockenstellen dürfen.
Selektives Trockenstellen erfordert eine gute Kenntnis seiner Kühe und natürlich ein sehr gutes Betriebsmanagement, angefangen von der Hygiene in den Liegeboxen über die Aufstallung der Trockensteher bis hin zur Melkhygiene. Eine sehr gute Unterstützung bieten dabei die LKV-Milchleistungsdaten, durch die man die individuelle Zellzahl einer jeden Kuh im Verlauf der Laktation immer im Blick hat.