UVP-Verfahren: Noch viele Fragen zum Bahntunnel
„Im UVP-Verfahren geht es jetzt darum, dass die Betroffenen mit ihren Themen Gehör finden und weitere Verbesserungen erreichen. Wir haben uns gut vorbereitet, die LK hat im Auftrag der Grundeigentümer mehr als 40 Stellungnahmen eingebracht“, erklärt Ing. Reinhard Kreiseder. Der Sekretär der Bezirksbauernkammer Salzburg war drei Tage lang in Hallwang mit dabei, um betroffene Landwirtschaftsbetriebe zu unterstützen. Zahlreiche Bäuerinnen und Bauern waren gekommen, um den Beamten und Gutachtern ihre Anliegen zu schildern.
Das Verfahren selbst war für alle Interessenten frei zugänglich. Organisiert und geleitet wurde es vom Bundesministerium für Umwelt- und Klimaschutz. Wer Einwände einbringen wollte, der musste sich am Morgen in eine Rednerliste eintragen.
Josef Bachler und Josef Maderegger aus Hilgertsheim in Köstendorf sind zwei der direkt betroffenen Betriebe. Keine 200 Meter von den Höfen entfernt verläuft bereits jetzt die Bahnstrecke – nun wird sie noch näher an ihre Hofstellen heranrücken und viergleisig ausgebaut werden. In Sichtweite der Gehöfte wird auch das Ostportal des Tunnels entstehen. Sollte der Bau wie geplant kommen – und daran zweifelt heute kaum noch jemand – dann wird alleine der Betrieb von Josef Bachler rund vier seiner insgesamt 13 Hektar an Grünlandflächen verlieren. „Für uns ist damit auch der Bio-Status in Gefahr, weil die Weidefläche um den Hof dann nicht ausreichen wird.“ Ersatzflächen in näherer Umgebung zu finden ist schwierig.
Negative Auswirkungen, wo es geht, verringern
Alleine für den Baustellenbetrieb braucht es eine riesige Fläche. „Im UVP-Verfahren ging es noch einmal darum, möglichst platzsparende Lösungen zu finden. Fertiggestellte Bauabschnitte müssen schnell rekultiviert werden, um die negativen Auswirkungen auf die Familien und die Betriebe wo es geht zu verringern“, erklärt Kreiseder. Dazu zählen auch scheinbar nebensächliche Dinge: Wer ist Ansprechpartner, wenn etwas passiert? Wie schnell werden beschädigte Drainagen und Vorfluter wiederhergestellt? Was passiert, wenn es durch Staubverfrachtungen zu Futterverschmutzungen kommt? Alles Fragen, die beim Verfahren angesprochen wurden und wo sich die Menschen erwarten, dass es im Fall des Falles auch konkrete Ansprechpersonen für sie gibt.
14 Jahre eine Großbaustelle vor dem eigenen Haus zu haben – das kann man sich selbst als Außenstehender nur schwer vorstellen. Gerade der Lärmschutz war beim UVP-Verfahren daher ein großes Thema. Im direkten Gespräch zeigen sich die Gutachter durchaus verständnisvoll – und doch können nicht alle Wünsche erfüllt werden. Die Baustelle wird irgendwann vorbei sein, der normale Betriebslärm wird aber bleiben. Ein Drittel mehr Züge und höhere Geschwindigkeit – laut Gutachten soll es durch den Lärmschutz und die abgesenkte Trasse weniger Beeinträchtigungen geben als zuvor – so zumindest die Theorie.
Rupert Quehenberger - Landwirtschaftskammerpräsident
"Wir erwarten uns einen flächensparenden Umgang mit dem Grund und Boden der Bäuerinnen und Bauern."
Nicht nur unmittelbare Anrainer betroffen
Dass die Ausbaupläne der ÖBB sehr viele Menschen verunsichern, zeigt sich auch bei einem landwirtschaftlichen Betrieb aus dem Gemeindegebiet Seekirchen. Der Tunnel verläuft hier wenige Hundert Meter entfernt in einer Tiefe von 100 Metern unter der Oberfläche. Genau hier befinden sich aber auch große Grundwasserseen. Laut Gutachten liegen diese über dem Tunnel und es sollte nichts passieren. Und wenn doch? „Wie soll man das dann nachweisen können, dass der Tunnelbau schuld ist?“, so die Angst des Landwirtes. Die ÖBB haben viele Vorarbeiten geleistet und Hunderte Probebohrungen auch zum Wasser gemacht. Werden die Berechnungen in der Praxis so halten? Und so sind es viele Fragen und Forderungen, die von den Betroffenen, aber auch den Bürgermeistern der Gemeinden eingebracht wurden. Die Verhandlungsführung war jedenfalls wertschätzend und bemüht – doch nun sind wieder die Projektbetreiber am Zug.
Der Präsident der Landwirtschaftskammer Salzburg, Rupert Quehenberger, sichert den betroffenen Betrieben weiterhin volle Unterstützung der Landwirtschaftskammer zu: „Es gibt viele Meinungen zum Projekt. Eine besonders schwierige Situation ist es aber für die direkt betroffenen Familien und Betriebe. Wir erwarten uns daher, dass ihre Anliegen und Ängste ernst genommen werden. Denn dieses Projekt hat eine enorme Dimension und wird das Leben der Menschen im nördlichen Flachgau über eineinhalb Jahrzehnte lang beeinträchtigen.“
Auch hinsichtlich der nun folgenden Naturschutzverhandlungen ist es Quehenberger wichtig, dass es hier zu keiner Schlechterstellung der landwirtschaftlichen Betriebe kommt. „Es kann nicht sein, dass hochwertige landwirtschaftliche Böden für Naturschutz-Ausgleichsmaßnahmen verwendet und so der Landwirtschaft zusätzlich Flächen entzogen werden. Auch hier erwarten wir uns einen flächensparenden Umgang mit Grund und Boden von den Bäuerinnen und Bauern.“ Eine entsprechende Stellungnahme der Landwirtschaftskammer dazu ist bereits unterwegs.