Projekt D4Dairy: Die Datenflut besser nutzbar machen
Zuchtdaten, Milchleistungskontrolle, die Melktechnik und der Fütterungsroboter: Rund um die Milchkuh werden immer mehr Daten erhoben. Dabei steht die Digitalisierung wohl erst am Beginn. In einem Großprojekt unter der Schirmherrschaft der Rinderzucht Austria wird nun versucht, noch mehr Daten zusammenzuführen und sie für die Betriebe auf einfache Weise nutzbar zu machen. Ein Mega-Projekt, wie sich bei einer Pressekonferenz auf der Rieder Messe vergangenen Mittwoch zeigte.
„Wir wollen die Werkzeugmacher für die Bäuerinnen und Bauern sein“, bringt ZAR-Obmann Stefan Lindner die Herausforderungen auf den Punkt. Im Projekt D4Dairy geht es darum, Daten zusammenzuführen und für die Praxis besser nutzbar zu machen. „Wenn man will, kann man schon heute jeden Tag stundenlang vor dem PC verbringen und Daten vom eigenen Betrieb durchsehen und auswerten. Das kostet aber auch viel Zeit“, so Landwirt Andreas Täubl.

Medikamentenbuch als Handy-App
Dass es einfacher geht, zeigt eine neue Handy-App, die derzeit von Täubl und knapp 100 anderen Landwirten getestet wird. „EMED mobil“ ist ein elektronisches Medikamentenbuch, dass für jedes Tier tierärztliche Diagnosen, Behandlungen mit Medikamenten und auch Wartezeiten anzeigt. Mit einem Blick auf das Handy ist ersichtlich, mit welchen Medikamenten das Tier behandelt wurde, welche Keime Probleme machen und von welcher Kuh die Milch nicht geliefert werden darf. „Das ist ein großer Vorteil, wenn unterschiedliche Personen melken und sie so jederzeit einen guten Überblick haben, was im Bestand los ist“, so Bauer Andreas Täubl.
D4Dairy ist derzeit wohl das größte Digitalisierungsprojekt in der Rinderzucht in Österreich. Das Konsortium besteht derzeit aus 31 Wirtschaftspartnern und 13 Wissenschaftspartnern und wird von Dr. Christa Egger-Danner von der ZuchtData geleitet. Einer der kommerziellen Partner ist u. a. die Firma Lely. Geschäftsführer Andreas Feichtlbauer sieht in der Einbringung der Daten von automatischen Melksystemen ein riesiges Potenzial: „Daten von einem Melkroboter sind vor allem dann wertvoll, wenn sie von den Landwirten verwertet werden können. Die Zusammenführung der Daten bringt für alle Seiten Vorteile.“ In dieselbe Kerbe schlägt auch Franz Wasserbauer. Das Unternehmen ist auf Fütterungstechnik spezialisiert. „Der Landwirt braucht ein Gesamtsystem, wo die Daten praxistauglich aufbereitet werden. Damit ergibt sich eine Win-win-Situation für alle.“
Funkdaten direkt aus dem Pansen der Kuh
Welche Daten im Projekt weiters einfließen können, zeigt das Unternehmen smaXtec animal care aus Graz. Die Kuh schluckt einen kleinen Boli, der dann direkt aus dem Pansen Daten wie pH-Wert, Temperatur oder Bewegungsaktivität an eine Basisstation funkt. Damit lässt sich die Herde perfekt überwachen (Bericht auf Seite VIII).

Aussagen für die Praxis wichtig
Die Liste der Daten, die künftig ebenfalls einfließen könnte, ist jedenfalls lang: Von der Futterernte beginnend bis zum Stallklima gibt es immer mehr Sensoren und Aufzeichnungen, die relevante Informationen beisteuern können. Die große Kunst wird es werden, viele dieser Daten über Schnittstellen so zu verknüpfen, dass daraus praxisrelevante Aussagen für die Landwirte abgeleitet werden können. „Wir brauchen letztendlich einfache und doch aussagekräftige Anwendungen, die für die Praxis etwas bringen“, ist Christa Egger-Danner überzeugt. Eines der empfindlichsten Themen dabei ist die Datensicherheit. „Die Bäuerinnen und Bauern sind hier verständlicherweise vorsichtig. Die Rinderzucht Austria genießt ein sehr hohes Vertrauen, dem wir Rechnung tragen. Wir wollen auch der Datenanwalt der Bäuerinnen und Bauern sein“, so Lindner.
Auch für kleine Betriebe eine große Chance
Dass der aktuelle Trend der Digitalisierung derzeit vielfach von größeren Betrieben vorangetrieben wird, liegt auf der Hand. Eine Herde mit zehn Milchkühen lässt sich leicht überblicken, bei 70 Kühen sieht die Sache schon anders aus. ZAR-Obmann Lindner sieht allerdings gerade auch für kleine Betriebe viele Möglichkeiten. „Wir wollen in Österreich die Zucht in bäuerlicher Hand halten. Die neuen Anwendungen bieten über unseren Verbund kleinen Betrieben die gleichen Möglichkeiten, wie sie auch Großbetrieben zur Verfügung stehen.“