Garnierspenzer und Steppmieder werden im Salzburger Land seit rund 200 Jahren getragen.
Sie verbinden Generationen und erleben heute als eine besondere Festtracht, die sich im Laufe der Zeit ständig weiterentwickelt hat, eine wahre Renaissance.
„Jede Schneiderin hat ihre eigene Handschrift, darum erkennt man bei einem Röckl oft, wer es gemacht hat“, betont Barbara Wimmer. „Dazu kommen auch regionale Unterschiede, somit ist jede Festtagstracht ein Unikat“, erklärt die Schneidermeisterin aus Lofer. Nicht einmal der Name des kostbaren Gewandes ist einheitlich: Während es im Pinzgau als „Überrock“ und „Röckl“ bezeichnet wird, heißt es Außergebirg „Garnierspenzer“. Im Pongau ist „Auster-Rock“ gebräuchlich, im Lungau „schwarze Festtracht“.
Lange Tradition
Die Ursprünge dieser Tracht reichen bis ins 17. Jahrhundert. Zuerst entwickelte sich das Mieder mit „Unterröckl“. Gegen 1850 wurde dann darüber noch ein Spenzer angezogen, der „Überrock“. Der aufwändige Aufputz entstand erst im Laufe der Zeit. Heute wird der Spenzer vor allem Innergebirg mit kunstvoll gearbeiteten Rüschen, Blüten und Knospen verziert, die einzeln mit der Hand genäht werden. Für die Anfertigung dieser „Auszier“ braucht es sehr viel Erfahrung und handwerkliches Können.
Kostbares Gewand
Den kostbaren Garnierspenzer konnten sich früher nur Bäuerinnen und Bürgerinnen leisten. Sie haben sich die Tracht traditionell zur Hochzeit anfertigen lassen und sie dann zeit ihres Lebens getragen. Je nach Anlass hatten das Seidentüchl und der Schurz dazu eine helle Farbe, wenn jemand auf seinem letzten Weg begleitet wurde, waren sie dunkel gehalten - das ist auch heute noch so. Manchmal wurden die Frauen sogar mit ihrer Tracht beerdigt, aber üblicherweise wird das Gewand in der Familie vererbt.
Tracht im Wandel
Zur Tracht gehört auch ein Hut, den einst nur verheiratete Frauen aufsetzen durften. „Man kann hier aber ruhig mit der Zeit gehen. Die Tracht sollen alle Frauen tragen können“, meint die Expertin. „Hauptsache, die Haare sind z‘sammgeräumt.“ Denn der Hut ist für die früher üblichen Gretlfrisuren konzipiert, bei modischen Kurzhaarschnitten findet er kaum Halt.
Aber Barbara beruhigt: „Es gibt einige Tricks, wie man den Hut trotzdem sauber aufsetzt.“ Sie bekommt öfters alte Trachten zum Ausbessern und Umarbeiten. Manche Stücke kann aber selbst sie nicht mehr retten. „Ich zeichne mir dann zumindest die alten Muster ab, damit sie nicht verloren gehen. Auch die Mieder meiner Großmütter konnte ich leider nicht erhalten, aber die Muster habe ich bewahrt.“
Besonderes Erbe
Derzeit arbeitet sie an einem Überrock, den eine junge Frau von ihrer verstorbenen Oma geerbt hat. „Es ist schön, wenn ich ein Gewand herrichten kann, zu dem jemand einen besonderen Bezug hat.“ Heute tauchen die edlen Teile auch in Trachtenbörsen auf, wenn in der Familie keine Verwendung dafür besteht. „Das sind oft emotionale Momente, wenn sich jemand von so einem Erbstück trennt.“
Barbara bemüht sich seit Jahren, die Tradition dieser Festtracht aufrechtzuerhalten. Mit Kollegin Ingrid Haider ist sie ehrenamtlich für die Pinzgauer Heimatvereinigungen tätig, um den Wert, das richtige Tragen, Pflegen und Aufbewahren der Tracht zu vermitteln
Immaterielles Kulturgut
Sie freut sich daher, dass das Gewand jetzt im November als traditionelles Salzburger Handwerk in das nationale Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen wurde. Dazu gibt es bis Ende März im Bergbau- und Gotikmuseum Leogang eine sehenswerte Sonderausstellung.
Zur Person
Barbara Wimmer
Tel. 0664/6363060
Ab 1981 Lehre als Damenkleidermacherin bei einer Trachtenschneiderei
1983 Gründungsmitglied des
Trachtenvereins „D‘Stoaberger“
Schneiderin im Salzburger Heimatwerk
1990 Meisterprüfung
1995 Familiengründung
Seit 1998 Trachtenreferentin im Pinzgauer GV der Heimatvereinigungen
Seit 2007 als selbstständige Kleinunternehmerin tätig
2020 Broschüre „Insa best‘s Gwand“ für die Salzburger Heimatvereine (mit Ingrid Haider); das Heft ist dort erhältlich