Gekonnt urteilen: „Es gibt kein schlechtes Pferd“
Beurteiltung muss vergleichbar sein
Die Motivation der Teilnehmer, den Kurs zu besuchen, war durchwegs züchterisch bedingt. Das Wissen um die Pferdebeurteilung, das Zustandekommen der Punktzahl und wie man die Pferde richtig vorstellt, standen im Vordergrund. Wieser betonte, dass die Pferdebeurteilung an sich vergleichbar und vor allem schriftlich festgehalten werden müsse und deshalb ein System geschaffen wurde, bei dem die Einzelmerkmale eines Pferdes mit einem Punkteschema bewertet werden und schließlich in eine Gesamtwertnote münden. Dabei sind immer mehrere Zuchtrichter beteiligt, die sich untereinander auf eine gemeinsame Bewertung einigen müssen. Auf diese Weise wird am ehesten eine Objektivität erreicht.
Das gewisse Talent zur Pferdebeurteilung ist notwendig, möchte man sein eigenes Pferd bewerten oder gar eine Karriere als Zuchtrichter anstreben. Wenn der „Blick für das Pferd“ fehlt, nützt alles theoretische Wissen nicht viel. Um den Blick zu schulen, sollte man möglichst viele Pferde anschauen.
„Es gibt kein schlechtes Pferd, nur ein nicht geeignetes.“ Mit dieser Aussage machte Wieser darauf aufmerksam, dass auch die Verwendung eines Pferdes eine wichtige Rolle spielt und dass man diese bereits in der Beurteilung des Exterieurs ablesen kann. Grundsätzlich sind ein möglichst korrektes Fundament sowie gute Übergänge (Vorhand – Mittelhand– Hinterhand) für den Einsatz vor allem im Sport Voraussetzung für ein gesundes und langlebiges Pferd. Pferde mit Fehlstellungen sind anfällig für Verschleiß in den Gelenken und deshalb nicht extrem belastbar.
„Indessen nützt das schönste, makellos gebaute und bestveranlagte, das mit Kraft und Energie geladene, schwungvolle Pferd nichts, wenn es nicht will, wenn es nicht freudig und willig seine Dienste dem Menschen anbietet und zur Verfügung zu stellen bereit ist“, zitierte Wieser eine Aussage aus dem Buch von Heling & Henninges von 1974 „Das vollendete Pferd“. Entscheidend ist also nicht nur die äußere Erscheinung (Exterieur), sondern auch der Charakter (Interieur) und die Motivation eines Pferdes. Der alles entscheidende Faktor für eine gelungene Partnerschaft zwischen Mensch und Pferd ist am Ende die gute Beziehung und das Vertrauen zueinander.
Im Anschluss an die theoretische Einführung ging es auf den Seidrainhof in Mitterberghütten, um dort an verschiedenen Pferdemodellen das Gelernte in die Praxis umzusetzen. Das gute Wetter und die schöne Anlage, auf der Martina Thurner, Absolventin der Pferdewirtschaft am Winklhof, unterrichtet und Pferde ausbildet, gaben der Veranstaltung „den letzten Schliff“. „Solche Kurse sollten öfter stattfinden“, waren sich die Beteiligten einig.