Fastenbrezen und Osterfladen
Ostern als höchstes katholisches Fest und Weihnachten mit den Wochen zuvor, der Fastenzeit und dem Advent, sind abseits der kirchlichen Liturgie noch immer von der Volkskultur stark geprägt wie keine andere Zeit im Jahreskreis. Die Ur-Bräuche in diesen Zeiten stammen zum Teil aus vorchristlichen Zeiten und wurden von der Kirche adaptiert.
Eine Gabe für die Armen
Schon Anfang März, zu
St. Kunigund, war es soweit. Die Armen, es waren nicht gerade wenige, bekamen von den Klöstern des Landes ihre Fastenbrezelspende. Das eigenartige Gebäck wurde seit dem Mittelalter von den Orden, die sich niedergelassen hatten, hergestellt und verteilt. Freilich war es an eine für die Kirche wichtige Bedingung geknüpft: Zuvor musste die Beichte abgelegt werden. Geschichtlich sind diese Fastenbrezen noch bis zum Zweiten Weltkrieg in unserer Gegend breiter nachweisbar. Ihre Herstellung ist oft unterschiedlich, wie auch die Formen. Im Salzburger Flachgau und im Rupertiwinkel, die ja bis vor gut 200 Jahren zusammengehörten, haben sie die Form einer Brezel, im Lungau bilden sie einen Ring ohne Mittelstück. Bei den Jugendlichen hat sich auch das Brezenhakeln durchgesetzt. Wer den größeren Teil mit dem Mittelstück „reißt“, hat gewonnen, muss aber auch zahlen. Unter frisch vermählten Eheleuten gilt, wer das größere Stück Brezel an sich zieht, der hat das Sagen in der Ehe, so heißt es zumindest.
Surheimer Bäcker backen noch österliche Gebildbrote
Zu den Letzten, die Gebildbrote backen, zählen der Bäckermeister Michel Wahlich und seine Frau Barbara, auch eine gelernte Bäckerin, die in Surheim ihre Bäckerei haben. Sie sind auf Biobackwaren spezialisiert und erzeugen in der Fastenzeit diese Fastenbrezeln und auch Osterfladenbrot, das es ab sofort bis zu Ostern gibt. Die Brezeln werden aus süßem Dinkel-Hefeteig erzeugt, die Osterfladen ebenfalls. Sie werden als „Dampfl“ angesetzt und es werden mehr Butter und Rosinen beigegeben. Es gibt sie in den Größen 600 g und
300 g. Die äußere Form ist oben dreigeteilt als Zeichen für die Dreifaltigkeit.
Die Ursprünge der Fastenbrezen
Die erste christliche Erwähnung der Brezel als Fastenspeise datiert aus dem 9. Jh., die älteste Abbildung einer Fastenbrezel stammt aus dem 11. Jh. Der Name macht der Forschung Probleme; eine der häufig vertretenen Meinungen leitet den Namen vom althochdeutschen Brezita oder vom lateinischen Bracchium, „der Arm“, ab und meint damit die als Fastengeste gekreuzten Arme. In den prähistorischen Brezeln (im Mittelmeerraum) vermutet man die Nachahmung von Hals- und Armringen im Gebäck, die als Grabbeigabe verwendet wurden. So gesehen könnte die Brezel ein Symbol der Verweigerung von Speisen, aber auch ein Symbol für die zum ewigen Tod verdammende Schuld der Erbsünde der Menschheit sein. Im Bayerischen heißen auch verschiedene verbogene und verschlungene Ringe (Kleiderspangen, Geräte-Verbindungen, gebähte Zaunringe) „Bretzen“. Die Salzburger Volkskundlerin Ulrike Kammerhofer-Aggermann beschäftigte sich ebenfalls mit den Fastenbrezen. Sie schreibt: „Die Bäcker der Kirchenorte erzeugten sie und jeder, der zur Osterbeichte ging, brachte sie für das ganze Hauswesen mit. Brezen mussten aber auch von der Bäuerin in größerer Anzahl den Hausleuten nach der Osterbeichte – und der Kontrolle der Beichtzettel, die bis zum Ende der Zunftordnungen den Hausvorständen vorgeschrieben waren – spendiert werden.“