EU-Schutz gegen Entwaldung ist kontraproduktiv
Die EU schafft mit der Entwaldungsverordnung ein Bürokratiemonster, das mehr schadet, als es hilft, kritisieren derzeit viele Interessenvertreter der Land- und Forstwirtschaft. Was die Umsetzung bedeuten würde, zeigt sich am Beispiel des Sojaanbaus. Der Verein Soja aus Österreich unterstützt zwar die Zielsetzungen der Verordnung vollinhaltlich. Die darin vorgesehenen Instrumente sind aber aus der Sicht des Vereins mehr als unglücklich gewählt worden und drohen, kontraproduktiv zu wirken. Sollte die EU-Entwaldungsverordnung wie vorgesehen zum 30. Dezember angewendet werden müssen, wird ein substanzieller Rückgang der Sojaanbauflächen in Österreich sowie in der gesamten EU befürchtet. Damit wird jedoch der Regenwald in sensiblen Regionen der Welt nicht geschützt. Letztlich konterkariere die EU-Entwaldungsverordnung sogar die EU-Eiweißstrategie, deren erklärtes Ziel die Verbesserung der Eigenversorgung mit Soja und damit die Reduktion der Sojaimporte sei, so der Verein.
Die Auflagen bedeuten sowohl für die Bäuerinnen und Bauern als auch für die nachgelagerte Wirtschaft in der EU einen enormen bürokratischen Aufwand. Bevor Erzeugnisse aus Soja in Verkehr gebracht werden, müssen ab 1. Jänner 2025 die Wirtschaftsteilnehmer ihre Geschäfte jeweils in Brüssel bekannt geben und in eine Datenbank eintragen. Darüber hinaus müssen sensible Daten entlang der Wertschöpfungskette gesammelt, bekannt gegeben und archiviert werden. Das ist besonders für kleinere Produzentinnen und Produzenten nicht zumutbar.
Karl Fischer:
"Die vorgesehenen Maßnahmen sind für unsere Sojabäuerinnen und -bauern ein bürokratisches Monster."
Bürokratie statt Bohnen
„Die vorgesehenen Maßnahmen sind für unsere Sojabäuerinnen und -bauern ein bürokratisches Monster, wie wir es bisher nicht für möglich gehalten haben“, erklärt Karl Fischer, Landwirt und Obmann des Vereins Soja aus Österreich. „Die heimische Sojawirtschaft droht unter dieser Verordnung zu leiden, da die Sojabohne als einzige Ackerkultur in der EU mit diesem enormen bürokratischen Aufwand konfrontiert ist. Viele Landwirtinnen und Landwirte haben uns schon signalisiert, dass sie 2025 auf andere Kulturen wechseln wollen.“
Besonders kritisch sei, dass diese Auflagen ausschließlich für den Sojaanbau und dessen Verarbeitung gelten würden. Durch den Umstieg auf andere Kulturen drohe ein erhöhter Importbedarf von Soja. Besonders absurd sei die Entwaldungsverordnung auch deshalb, weil sich in Österreich die Waldfläche durchschnittlich um sechs Hektar pro Tag vergrößere. Gleichzeitig wurden in Brasilien zwischen 1990 und dem Verordnungs-Stichtag mit Ende 2020 bereits über 400.000 Quadratkilometer Regenwald gerodet. Auf diesen gigantischen Flächen können auch in Zukunft Sojabohnen für den Export nach Europa angebaut werden.
EuroBean, eine europäische Interessengemeinschaft entlang der Wertschöpfungskette von Sojabohnen, fordert daher eine Verschiebung der Anwendung der Verordnung, weil zahlreiche Fragen bei der Umsetzung offen sind. Die dadurch gewonnene Zeit soll für die Erarbeitung praktikabler Lösungen genutzt werden.
Was die Entwaldungs-verordnung in der Praxis bedeutet
Beispiele für den bürokratischen Aufwand bei der Umsetzung der EU-Entwaldungsverordnung:
Landwirtinnen und Landwirte müssen vor dem Verkauf ihrer Sojabohnen die Geolokalisation aller Feldstücke in Brüssel bekannt geben, auf denen diese Sojabohnen gewachsen sind. Zudem müssen sie nachweisen, dass auf diesen Feldern nach dem 30. Dezember 2020 kein Wald gerodet wurde.
- So muss etwa hinkünftig eine Biobäuerin den Verkauf von Sojabohnen auf dem Wochenmarkt für die Herstellung von Tofu zuvor in Brüssel anmelden.
- Wer Sojabohnen aus Österreich zu Sojamehl, Sojaschrot, Sojaöl oder Sojakuchen verarbeitet und in Verkehr bringt, muss dies zuvor in Brüssel anmelden und die Geolokalisierung sowie die Entwaldungsfreiheit der Lieferkette beweisen. Zudem müssen diese Unternehmen fünf Jahre lang Einschau in die Daten aller Lieferanten und Kunden ermöglichen.
- Nicht-KMUs müssen ein Compliance-Management einführen und im Internet veröffentlichen, wie sie die Sorgfaltspflichten im Sinne der Entwaldungsverordnung einhalten.