„Der Wolf ist der Bruder des Krieges“
Die Angst vor dem Wolf beschäftigt nicht erst seit der Gegenwart die Menschen, insbesondere die Bauern. Fast täglich kann man die Streifzüge des Wolfes wie in Kriminalstücken in den Medien verfolgen. Johannes Lang beschreibt die Lage im Heft 2/2001 vom „Salzfass“, der Zeitschrift des Historischen Vereins Rupertiwinkel. Ein Auszug daraus:
Wolf weckt widersprüchliche Emotionen
„Zugleich wurde aber auch deutlich, dass der Wolf mehr als jedes andere Tier dazu in der Lage ist, widersprüchlichste Emotionen bei den Menschen zu wecken, ja sogar als Projektionsfläche regelrechter Lebensanschauungen funktionalisiert zu werden: Während ihn die einen als ein Symbol für die Verwirklichung eines Natur-Gesellschaft-Ideals betrachten, sehen ihn die anderen sowohl als eine Bedrohung der bäuerlichen Existenzgrundlage als auch glauben sie in ihm einen nicht mehr zeitgemäßen Eindringling zu erkennen. Man sieht ihn sogar als einen Vertreter der chaotischen, disharmonischen und grausamen Seite in einer bipolaren Weltordnung, deren positive Seite die menschliche Zivilisation darstellen würde.
Die fünf "schädlichen Tiere" durften von jedermann gejagt werden
Der Wolf zählte zusammen mit Bär, Luchs, Fuchs und Iltis über Jahrhunderte hinweg zu den fünf ,schädlichen Tieren‘ und durfte deshalb von jedermann gejagt werden. In den jährlich öffentlich verlesenen Landrechtstaidingen wurde in den einzelnen Land- und Pfleggerichten des Erzstifts Salzburg immer wieder darauf aufmerksam gemacht. Vor allem im Wolf sah man eine Gefährdung des Viehbestands und war generell darauf bedacht, die Wildnis, als deren Symbol der Wolf galt, zu überwinden. Die Auseinandersetzung der Menschen mit dem unheimlichen Tier war an der Tagesordnung, drängte sich jedoch nur selten in den Vordergrund des Alltagsgeschehens. Trotzdem gab es in regelmäßigen Abständen Zeiten, in denen sich die durch Wölfe verursachten Schäden häuften. Der Salzburger Topograf Lorenz Hübner berichtet in seiner Beschreibung des Pfleggerichts Staufeneck (im grenznahen Piding, Nachbargemeinde von Wals-Siezenheim) vom Jahr 1796 in wenigen Worten, dass es 1630 in der Gegend von Ölbergkirchen, wie Anger (der nächstgelegene Ort) damals genannt wurde, zu einer regelrechten Wolfsplage gekommen sei. ,Der Wolf ist der Bruder des Krieges‘, lautet auf dem Balkan ein Sprichwort und sieht den Beutegreifer als einen Kulturfolger, der im Zuge von Kriegsereignissen sogar in Dörfer und Städte vordringt. Die Geschichte kennt viele Erzählungen von Wolfsüberfällen, die mit kriegerischen Auseinandersetzungen einhergingen. Als Ursache dafür kann die Funktion des Wolfs als Aasfresser und Verwerter menschlicher Leichen gesehen werden.
Wölfe fielen sogar ausgewachsene Kühe an
Weder der dicht besiedelte Högl noch der mit großen Schwarzwäldern versehene Teisenberg stellten den natürlichen Lebensraum des Wolfs dar, doch seit dem Jahr 1628 bemerkte man immer öfter Schäden, die nur von Wölfen herstammen konnten. Mitunter wurden Wölfe von den entsetzten Hirten und Bewohnern der Gehöfte sogar gesichtet. Ihrer Natur entsprechend, wanderten die Wölfe mit den Jahreszeiten die Berghänge hinauf und hinunter. Wenn die Bauern im Sommer ihre Rinder, Schafe und Ziegen auf die Almen des Teisenbergs trieben, folgten ihnen die lautlosen Jäger und schlugen dann zu, wenn niemand mit ihnen rechnete. Nach dem Almabtrieb drängte der erste Schnee auf den Gipfeln der Berge die Wölfe in tiefere Lagen ab. In den Talniederungen hatten die Bauern noch einmal ihre Schweine und Rinder auf die abgeernteten Felder und Wiesen zur letzten Beweidung getrieben, wo diese eine leichte Beute der Wölfe wurden. Im Winter in Meuten von zehn bis 20 Tieren auftretend, hatten die Wölfe sogar ausgewachsene Kühe von Angerer Bauern angefallen und deren Herden dezimiert.
Landesfürst beauftragte Jagd auf Wölfe
Die hochfürstlichen Jäger kümmerten sich freilich in erster Linie um die Ordnung des Jagdwesens und verfolgten erst in zweiter Linie die „schädlichen Tiere“. Den Schutz der Haustiere vor Wölfen betrachteten die Jäger als eine Angelegenheit der Bauern. Diesen jedoch war die Jagd auf Wölfe nicht erlaubt. Der Landesfürst beauftragte seinen Dompropst und Statthalter, der Lage Herr zu werden. Vermutlich griff dieser bei der Jagd auf Wölfe mit den Jägern auf altbewährte Mittel zurück: Pulver und Blei, ausgelegtes Gift, Schlingen und Fallen. Man wurde bald Herr, und zu Ende des 18. Jahrhunderts schienen die Beutegreifer hier gänzlich ausgerottet.“