Martinizeit ist Höhepunkt der Gansl-Saison
Der Eigenversorgungsgrad mit österreichischen Weidegänsen konnte in den vergangenen zehn Jahren um beeindruckende 18 Prozent gesteigert werden und steht derzeit bei rund 38 Prozent. Diese Entwicklung unterstreicht nicht nur das wachsende Interesse der Konsumenten an regionaler Qualität, sondern zeigt auch, dass die heimischen Weidegans-Bauern gezielt auf diese Nachfrage reagieren.
„Das Projekt Österreichische Weidegans, das 1992 ins Leben gerufen wurde, hat sich zu einer echten Erfolgsgeschichte entwickelt“, betont Franz Waldenberger, Präsident der LK Oberösterreich. Mittlerweile ziehen rund 250 Mitgliedsbetriebe jährlich etwa 65.000 Weidegänse auf. Je nach Region werden konventionell gehaltene, frische Gänse heuer ab Hof zu Preisen zwischen 14 und 16 Euro pro Kilogramm angeboten. Für Biogänse müssen Konsumenten einige Euro mehr einplanen. Die Preise bleiben im Vergleich zum Vorjahr weitgehend stabil.
Weiden sorgen für beste Gänsequalität
Die Gans ist die einzige Geflügelart, die auch Gras gut verdauen kann. Gänse werden in Österreich besonders tiergerecht auf der Weide gehalten. Durch diese Art der Haltung und das damit langsamere Wachstum kommen die Gänse erst mit etwa 18 bis 24 Wochen zur Schlachtung. Die Weidehaltung in Kombination mit Getreidebeifütterung ergibt ein besonders zartes Fleisch. „Gegenüber billigerer Importware aus osteuropäischen Ländern bleibt bei der Weidegans ,mehr Gans‘ in der Pfanne“, ist Franz Waldenberger überzeugt.
Vom Gössl zur Weidegans
Die Österreichische Weidegans hat sich zum Ziel gesetzt, die gesamte Wertschöpfung in Österreich zu belassen. „Seit Jahren arbeiten wir mit einem Betrieb in Vöcklabruck zusammen, in dem Gänseelterntiere zur Bruteiergewinnung gehalten werden. Diese Bruteier werden in der einzigen Gänsebrüterei Österreichs in 32 Tagen ausgebrütet. Nach dem Schlupf werden die Gössl an die Mitgliedsbetriebe ausgeliefert. „Die Mitgliedsbetriebe sind kleinstrukturiert und halten im Durchschnitt ca. 200 Gänse“, erläutert Heidi Hebesberger, Obfrau der Österreichischen Weidegans.
Ab Hof, nicht aus dem Kühlregal
„Weidegänse direkt vom bäuerlichen Betrieb sind stark nachgefragt – vorausgesetzt, die Vermarktung erfolgt direkt ab Hof“, erklärt Franz Waldenberger. Die Schlachtung muss dabei nicht zwingend am Betrieb selbst erfolgen, sondern kann auch extern organisiert werden. Die frische ganze Gans direkt vom Bauernhof – mit diesem Motto gehen die heimischen Erzeuger seit Jahrzehnten in die Herbstsaison. Daran wollen sie auch nichts ändern.
„Vor Jahren wurden die tiefgekühlten Import-Gänse aus dem Osten noch um wenige Euro verschleudert – der Preis hierfür hat sich jetzt verdoppelt. Für die heimischen Weidegansbetriebe ist Tiefkühlware kein Thema. Angeboten werden ausschließlich frische Gänse ab Hof“, erläutert Waldenberger.
Europäisches Angebot fällt heuer geringer aus
Die EU-Brutstatistiken zeigen ein deutliches Minus. 2024 hat der Import von Gänsen in Österreich mit 1.179 Tonnen einen Tiefststand erreicht. Das betrifft überwiegend die Versorgung von Gastronomiebetrieben, die auf ausländische Ware setzen. „Für die bäuerlichen Weidegans-Produzenten sind diese Importmengen von geringer Bedeutung, da ihre Kunden schon seit vielen Jahren auf Tierwohl und Regionalität setzen. Etwa 85 Prozent der Weidegänse werden direkt ab Hof an Wirte bzw. Endverbraucher verkauft.“
Weidegans ist und bleibt etwas Besondere
Oft sind es Anlässe wie Geburtstage oder Feste wie Weihnachten, bei denen die Großfamilie beim Gansl-Essen zusammenkommt. Die Gans wird am festlich gedeckten Tisch mit Familie oder Freunden verspeist. Vergleichbar ist dies mit dem Thanksgiving-Fest in den USA, wo sich die Familie bei einem Truthahn versammelt. Zusammen mit einem Glas Bier oder edle Weine zum Festtagsbraten Gansl bieten einen besonderen Glanzpunkt im Ablauf des Jahresspeiseplanes. Durch das saisonale, beschränkte Angebot ergibt sich das einzigartige Flair dieses Festessens.
Heimischen Daunen und Federn
Die heimische Weidegans liefert nicht nur hochwertiges Fleisch, sondern auch behagliche Daunen. Die heimische Daune erfreut sich als reines Naturprodukt immer größerer Beliebtheit. Durch die lange Haltedauer der österreichischen Weidegänse auf der Weide können die Daunen und Federn deutlich besser ausreifen. Nur die Daune ist in der Lage, in der Nacht Feuchtigkeit aufzunehmen und tagsüber langsam wieder abzugeben. Heutige Daunenbetten können unproblematisch in der Waschmaschine gereinigt werden. Wird ein Bett nach vielen Jahren erneuert, muss das Daunenbett nicht teuer recycelt werden. Daunen können als wertvoller Dünger in den Gartenkompost gemischt werden. Das ist nachhaltig und somit auch Klimaschutz!
Neueinsteiger gesucht
Gerade kleinere, bäuerliche Betriebe mit hohem Grünlandanteil sind häufig auf der Suche nach alternativen Produktionsformen, die eine sinnvolle Nutzung bestehender Wirtschaftsgebäude und Flächen ermöglichen. Für sie bietet die Weideganshaltung eine attraktive Option. Denn obwohl der Eigenversorgungsgrad mit heimischen Gänsen bereits deutlich gestiegen ist, besteht in Österreich weiterhin Potenzial nach oben.
Unterstützung und Beratung dazu bieten die Geflügelreferate der Landwirtschaftskammern.
Der nächste Mitgliedsbetrieb in der Nähe, Ganslrezepte und alles über die österreichische Weidegans sind online unter www.weidegans.at zu finden.