Gebirgsziegen im Schwendeinsatz auf der Alm
Almflächen freizuhalten, vor allem mechanisch, ist meistens mit einem enormen Stundenaufwand verbunden. Effektiver ist es daher, diese Arbeit den Gebirgsziegenrassen zu überlassen. Diese drängen durch den Verbiss und durch das Schälen die Sträucher und Stauden auf der Fläche erfolgreich zurück und ermöglichen in weiterer Folge wieder eine Bewirtschaftung mit Rindern und Pferden. Für die Ziegen stellt das zudem eine optimale und artgerechte Form der Haltung dar, wie sie ihnen nur auf der Alm geboten werden kann.
Ein Vorzeigebeispiel dafür ist das „Schwendprojekt“ am Faistenauer Schafberg. Im „Auergschwend“, einer Almgenossenschaft aus 19 Bauern, stellt die Verbuschung ein großes Problem dar. Die Fläche umfasst insgesamt 75 ha, wovon nur noch 33 ha als Weide zur Verfügung stehen. Der Rest ist bereits verkrautet und verwaldet. Dabei breiten sich Ahorn, Erlen und Birken immer weiter aus und Brombeerstauden überwuchern flächig den Boden. Die Rinder und Pferde, die dort seit Jahren den Almsommer verbringen, werden der Situation nicht Herr. Für die Pinzauer Ziegen als Gebirgsziegenrasse ist diese Umgebung ideal und der Verzehr der Knospen, Blätter, Rinden und Triebe ein Genuss. Ziel ist es, die Almfläche freizubekommen und Licht für das Aufkommen von Gräsern zu schaffen. Vor allem aber soll die noch bestehende Weidefläche erhalten bleiben.
Beispiel Auergschwend in der Faistenau
Begonnen im Jahr 2023, verbringen jährlich etwa 20 Pinzgauer Ziegen auf einer Fläche von etwa zwei Hektar den Sommer auf der Alm. Die Auftreiber Sepp Wesenauer aus Faistenau, Johannes Rieger aus St. Wolfgang und Daniel Öschlberger aus Seekirchen treiben ihre Tiere bereits in der ersten Maiwoche auf. Auch wenn im Herbst noch genug Futter vorhanden wäre, werden die Ziegen, unter anderem aus jagdlichen Gründen, schon bereits Mitte September von der Alm geholt. Die Herde besteht nur aus den weiblichen Tieren. Von der Herde von Josef Wesenauer verbringen nur die Jungziegen den Sommer im Auergschwend. Die Mutterziegen bleiben bei ihm u. a. aufgrund der bestehenden Wolfssituation unten am Betrieb. Diese sind das Ergebnis einer jahrelangen, gezielten Zuchtarbeit. Im schlimmsten Fall könnte mit einem Riss eine ganze Mutterlinie verloren gehen. Zudem werden seine Muttertiere über die Sommermonate zuhause am Betrieb gemolken.

Flächenmanagement für das Schwenden
Grundsätzlich ist eine Fläche mit einer Beweidung über zwei Almsommer saniert, damit diese anschließend wieder für Rinder und Pferde nutzbar ist. Für die Brombeeren wäre sogar ein dritter Almsommer von Vorteil. Im ersten Jahr fressen die Ziegen unter den Stauden frei (z. B. Brombeerstauden) und schälen die Bäume und Sträucher. Diese werden dann im Herbst umgeschnitten. Die abgeschnittenen Stöcke treiben im Frühjahr darauf am stärksten aus. Werden die Pflanzen zu diesem Zeitpunkt von den Ziegen verbissen, stirbt die Pflanze ab und verschwindet. Sogar hartnäckige Erlenstauden, die federnd über den Boden wachsen, können so effektiv zurückgedrängt werden, wenn sie keine Blattmasse mehr machen können.
Grundsätzlich ist zu beachten, dass sich jede Pflanze bis Ende Juli/Anfang August noch im Längenwachstum befindet. Erst wenn dieses abgeschlossen ist, wäre der ideale Zeitpunkt zum Schneiden. Passiert das nicht, nimmt sie über die Blätter noch reichlich Energie auf und speichert diese bereits für das nächste Frühjahr in den Wurzeln.
Zur Bekämpfung der Disteln und Brombeeren ist ein frühzeitiger Auftrieb von Vorteil, da zu diesem Zeitpunkt die Stacheln noch weicher sind und somit von den Ziegen gefressen werden.
Den Farn, der ebenfalls einen großen Teil der Flächen bedeckt, fressen die Tiere nur teilweise. Eine wirksame Methode, diesen zu verdrängen, ist es, diesen frühestens ab Mitte August zu mähen und anschließend eine Kalkung mit einem Brandkalk durchzuführen. Farn ist eine der kalkempfindlichsten Pflanzen.
Im Herbst ist es wichtig, die offenen Stellen am Boden mit einer Böschungsmischung nachzusäen, um den Wuchs der Gräser zu fördern. Der optimale Zeitpunkt dafür wäre ab Anfang September, da es für die Keimung bereits eine gewisse Nachtfeuchte benötigt.
Wie geht es danach weiter?
In weiterer Folge ist es sinnvoll, auch wieder Rinder und Pferde auf der Fläche weiden zu lassen, denn die Gräser gehören sofort genutzt. Die Ziegen alleine würden zu stark bei den Blättern und Trieben bleiben. Ein mögliches Szenario wäre in diesem Fall, die vorhandene Fläche in drei große Teile zu teilen und dort gleichzeitig Ziegen, Rinder und auch Pferde zu halten. Allerdings wäre es dafür notwendig, das Wasser auf einen zentralen Punkt zu leiten, um die Versorgung aller drei Flächen zu gewährleisten.
Ziegen als Teil einer Wirtschaftlichkeit
Josef Wesenauer ist selbst nicht Teil der Almgenossenschaft. Seine Motivation für dieses Almprojekt sind gesunde Pinzgauer Ziegen in einer optimalen, artgerechten Haltung. Vor allem ist es ihm aber auch wichtig, den wertvollen Nutzen der Ziegen in der Landwirtschaft aufzuzeigen, und er betont dabei: „Die Ziege ist grundsätzlich kein Hobbytier, sondern sollte wieder als das gesehen werden, was sie ist – nämlich ein Tier mit allerhand Nutzen. Sei es in puncto Milch, Fleisch oder, wie in diesem Fall, in der Landschaftspflege.“

Ziegen leisten wertvollen Beitrag
Ohne den Einsatz der Ziegen müssten jährlich unzählige Stunden für das händische Schwenden aufgewendet werden. Auch der Almobmann vom Auergschwend, Johann Laner, freut sich über die wirksame Schwendarbeit“ der Ziegen: „Die Agrargemeinschaft schätzt die Ziegen hier in unserem Gebiet sehr und ist deshalb auch bereit, den Auftreibern zusätzlich einen Beitrag von 50 € pro Ziege zu zahlen.“ Müsste auf der Fläche händisch gearbeitet werden, wäre eine sogenannte Schwendschicht von 20 € bzw. 25 € (mit Motorsäge) pro Stunde und Arbeiter zu leisten.
Die Pinzgauer Ziege gehört, wie einige andere Ziegenrasse auch, zu den gefährdeten Nutztierrassen, weshalb unter bestimmten Voraussetzungen für die Zuchttiere eine ÖPUL-Förderung bezogen werden kann. Diese beträgt derzeit für Mutterziegen 86,40 € und für Böcke 150,50 € jährlich (Prämienstufe und Zuschlag Generhaltungsprogramm).
Für weitere Informationen zu den gefährdeten Ziegenrassen bzw. zur ÖPUL-Förderung steht der Salzburger Landesverband für Schafe und Ziegen gerne zur Verfügung.
Kontakt
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Dipl.-Päd. Dipl.-Ing. Bernhard Rinnhofer
Schwarzstr. 19
5020 Salzburg
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T 050/2595-3261