Ehrlich und authentisch muss es sein
1979 übernahm Bernhard Dengg den Schuchterhof von seinem Vater. Das Hofgebäude befand sich damals mitten im Dorf zusammengebaut mit einem Nachbarbetrieb. Aufgrund der engen Platzverhältnisse entschied sich die Familie, 1980 einen Aussiedlerhof zu errichten und das bestehende Gebäude vom Nachbarn ablösen zu lassen. Die Voraussetzung für einen Aussiedlerhof war, dass zwanzig Jahre Rinder gehalten werden müssen: „Eigentlich wollte ich damals schon unseren Milchviehbetrieb auf Schafhaltung umstellen, da mir Schafe immer näher als Rinder waren, aber die Voraussetzung
für einen Aussiedlerbetrieb war, dass Großvieheinheiten in Form von Rindern im Stall stehen müssen.“ So wurden bis 2007 Schafe sowie Braun- und Fleckviehkühe am Schuchterhof gehalten. Anfangs waren es rund 100 Mutterschafe sowie zwanzig Kühe – im Laufe der Zeit zogen immer mehr Schafe in den Stall ein und die Anzahl der Rinder ging schrittweise zurück: „Die Umstellung erfolgte langsam, da wir uns dann doch schwer von unseren Kühen trennen konnten“, so Betriebsführer Bernhard Dengg. Im Jahr 2007 verließen endgültig die letzten beiden Kühe den Stall. Heute finden sich am Schuchterhof 250 Mutterschafe und zwölf Widder. Die Tiere werden über den Sommer auf zwei Almen gealpt.
Mit vier Monaten 40 bis 50 Kilo
Rund 85 % der Muttertiere sind Tiroler Bergschafe und werden mit Berrichon du Cher, Ile de France, Charollais oder Meatlinc gekreuzt. Anfangs kaufte Familie Dengg die Muttertiere zu, heute setzt man auf die eigene Nachzucht von Tieren, die trächtig von der Alm kommen: „Wirtschaftlich ist der Zukauf günstiger, wenn ich mir überlege, dass ein Muttertier mit Lamm um 180 Euro erhältlich ist und ich für ein Schlachtlamm rund 140 Euro bekomme, ohne es aufziehen zu müssen, aber mit der eigenen Nachzucht weiß man, was man hat“, so Dengg. Am Schuchterhof bleiben die Widder immer bei der Herde. Die Ablammung erfolgt asaisonal. Zwei bis drei Monate bleiben die Lämmer bei der Mutter und sind nach ca. vier bis viereinhalb Monaten (weibliche Tiere etwas früher) mit einem Gewicht von bereits vierzig bis fünfzig Kilogramm schlachtreif.
Fleischansatz wichtig
Nachdem in Tirol früher viele Tiere nach Italien in den Export gingen, um den heimischen Markt zu entlasten, hat sich Familie Dengg für einen anderen Weg entschieden. Bernhard stand mit einigen Schafbetrieben in Deutschland in Kontakt und begann bereits 1975, Fleischrassen einzukreuzen: „Doch der Absatz war damals bei uns einfach nicht da“, sagt er rückblickend. Nachdem er im Fernseher zufällig eine Initiative von Salzburger Bergbauern sah, die eine Genossenschaft gründen wollten, um mehr Lammfleisch abzusetzen, wandte er sich umgehend an diese. Wenig später war er Gründungsmitglied vom Pinzgauer Mast- und Absatzring, der Lämmer über Zwischenhändler vermittelte. Doch mit dieser Form der Vermarktung waren die Genossenschaftsmitglieder nicht zufrieden und so nahmen sie die Schlachtung selbst in die Hand: „Wir wollten die Tiere nicht anonym irgendwo hin verkaufen und errichteten in Salzburg ein eigenes Schlachthaus, wo heute jährlich 5.000 Lämmer, 10 Rinder und Kälber wöchentlich und das Wild von der Tauernregion geschlachtet und vermarktet werden.“ 5,60 Euro zuzüglich Umsatzsteuer erhält Bernhard für seine Lämmer über die Genossenschaft, über die er jährlich 350 Stück absetzt. Rund 100 Lämmer werden zusätzlich in Tirol geschlachtet und direkt vom Betrieb, über den Handel, die Gastronomie oder die Rinderzucht Tirol abgesetzt.
Standbein Direktvermarktung
Um den Direktverkauf ab Hof kümmert sich vor allem Gattin Renate. Sie verkauft halbe oder ganze Lämmer oder aber auch Teilstücke – vakuumiert, beschriftet und sogar mit den passenden Kochrezepten dazu: „Mir ist wichtig, dass der Kunde weiß, was aus dem Fleisch alles machbar ist. Ich führe viele Gespräche, erfülle jeden Sonderwunsch und rufe auch bei den Neukunden an, um herauszufinden, wie ihnen das Fleisch geschmeckt hat und was sie daraus gemacht haben. Wenn ein Gericht nicht wie erwünscht gelingt, analysiere ich mit den Kunden die Kochabläufe. Das Persönliche macht es aus“, so die Landwirtin. Renate kommt auch leicht mit potentiellen Abnehmern ins Gespräch: „Wenn wir beim Umkoppeln sind, verkauft meine Frau während der Arbeit an vorbeigehende Spaziergänger mindestens zwei Lämmer“, scherzt Bernhard. Im Direktverkauf wird das Fleisch um zwölf Euro pro Kilogramm verkauft: „Wir sind immer hochpreisiger gefahren, weil wir ein anderes Qualitätsdenken haben“, erklärt Renate. Höchste Standards bei der Schlachtung und Verarbeitung, die Erfüllung von Sonderwünschen, eine hohe Fleischqualität durch Kreuzungstiere und der Verzicht von Silage in der Fertigmast sowie die Offenheit gegenüber den Konsumenten werden von den Kunden geschätzt: „Unsere Stalltüre ist für jedermann geöffnet. Wir bekommen auch regelmäßig Besuch vom Kindergarten. Transparenz, Regionalität, Ehrlichkeit und Authentizität sind unser Motto.“ Für Renate Dengg ist dieser Weg der richtige: „Man investiert viel Zeit, wenn ich aber dann die Fotos von fertigen Gerichten und zufriedenen Kunden bekomme, ist das eine Bestätigung. Zudem haben wir pro Lamm rund 80 Euro Mehrerlös.“
Betriebsspiegel Schuchterhof, Untermieming
Betriebsleiter:
- Sohn Matthias, geb.1988, selbständig (Online-Marketing), Ausbildung: HBLA Ursprung, Masterstudium MCI
- Freundin Hanna, Tourismuskauffrau und Diätologin
- Renate Dengg, Landwirtin
- Bernhard Dengg, Pensionist
- 16 Hektar Acker- und Grünland inkl. Pachtfläche
- 6 Hektar Ackerland mit Mais, Luzerne und Braugerste (Zillertal Bier)
- 10 Hektar Grünland (dreischnittig und zwei Hektar Hutweide)
- 5 Hektar Wald n Bei Arbeitsspitzen kommt der MR zum Einsatz
- 250 Mutterschafe n 12 Widder n 450 Lämmer jährlich
- 50 Weidegänse
- Muttertiere: Heu, Mais- und Grassilage n Lämmer (bei der Fertigmast): Heu und Kraftfutter
- 350 Lämmer über Genossenschaft n 100 Lämmer direkt, über den Handel, die Gastronomie oder die Rinderzucht Tirol
- Urlaub am Bauernhof (eine Ferienwohnung)
- Wolle (Schafwollzentrum Umhausen)