Durchfall - ein lästiger Begleiter im Kälberstall
Um eine erfolgreiche Therapiemaßnahme einzuleiten, muss man den durchfallverursachenden Erreger kennen. Dafür sind Kotuntersuchungen bei einem oder mehreren Kälbern notwendig.
- Rota- und Coronaviren: Rota- und Coronaviren können gemeinsam oder einzeln auftreten. Nach der Infektion vermehren sich Rota- und Coronaviren in der Darmschleimhaut und zerstören diese dabei. Coronaviren vermehren sich auch in der Schleimhaut der Lunge und können zusätzlich zum Durchfall auch noch Lungenentzündungen verursachen. Oft verlaufen reine Rota-/Coronavirus-Infektionen symptomlos (kurzzeitiger breiiger Durchfall). Durch die Zerstörung der Darmschleimhaut spielen sie aber die größte Rolle als Wegbereiter für andere Erreger wie Bakterien oder Parasiten.
Im schlimmsten Fall können Bakterien ins Blut übertreten und eine Blutvergiftung (Sepsis) verursachen. Diese kann innerhalb von wenigen Stunden zum Festliegen bis hin zum Tod des betroffenen Tieres führen. Die Infektion mit Rotaviren erfolgt über Kot, Coronaviren können zusätzlich auch über Nasensekrete ausgeschieden werden. Kälber infizieren sich, wenn sie in direkten Kontakt mit infiziertem Kot kommen (z.B. nicht gereinigte Kälberbox), oder durch schlecht gereinigte Tränkeeimer.
Eine direkte Therapie gegen Rota- und Coronaviren gibt es nicht. Man kann erkrankte Kälber nur symptomatisch behandeln (Behandlung der Begleiterreger, Flüssigkeitstherapie etc.). Der beste und einzig wirksame Schutz für Kälber ist die Impfung der Muttertiere gegen Rota-/Coronaviren. Die Mütter müssen drei bis sechs Wochen vor der Geburt, am besten zum Zeitpunkt des Trockenstellens, geimpft werden, damit sie Antikörper bilden, die sie dann über das Kolostrum an ihre Kälber weitergeben können. Wichtig zu beachten bei der Mutterschutzimpfung: Sie funktioniert nur durch gutes Kolostrum-Management. Erhält das Kalb nicht genug Kolostrum von der geimpften Mutter, ist die Impfung nutzlos.
- E.-coli: Bei Escherichia coli handelt es sich um ein normales Darmbakterium vieler Tierarten (inkl. Mensch). Es gibt viele verschiedene E.-coli-Stämme und viele davon gehören zu einer gesunden Darmflora dazu. Es gibt aber auch einige Stämme, die Gifte (Toxine) bilden und so schwere Erkrankungen auslösen. Manche zerstören die Zellen direkt, andere erhöhen "nur“ den Flüssigkeitsaustritt aus den Zellen (wodurch die Zellen auch absterben).
Bei intakter Darmschleimhaut und Darmflora haben diese toxinbildenden E. coli meist nicht viel Chance, sich in bedeutendem Ausmaß zu vermehren. Deshalb treten sie sehr häufig in Gesellschaft mit anderen Infektionen (z.B. Rota-/Coronavirus) auf, da sie hier schon eine Vorschädigung der Darmschleimhaut vorfinden. Ist die Darmschleimhaut dann so stark geschädigt, dass die Bakterien oder ihre Toxine ins Blut kommen können, lösen sie eine Blutvergiftung (Sepis) aus. E.-coli-Infektionen können mittels Antibiotika therapiert werden, wobei man auch den Aufbau einer gesunden Darmflora nicht vergessen sollte.
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Clostridien: Gleich wie bei den E.-coli gibt es auch bei Clostridien harmlose und krankheitsauslösende Spezies. Clostridien-Spezies können verschieden Krankheitsbilder auslösen wie z.B. Rauschbrand, Botulismus Tetanus etc. Im Falle von Durchfallerkrankungen spielt Clostridium perfringens eine Rolle, von welchem es wiederum auch mehrere Stämme gibt.
Gleich wie E.-coli-Bakterien können auch Clostridien Toxine bilden. Auslöser einer Erkrankung ist immer die schlagartige Vermehrung von Clostridium perfringens im Darm. Dadurch spielen auch hier eine schlechte Darmflora und Vorschädigungen der Darmschleimhaut eine entscheidende Rolle. Clostridien lösen eine Entzündung der Darmschleimhaut aus, bis hin zum Absterben dieser. So können auch sie bzw. ihre Toxine in die Blutbahn kommen und zu einer Blutvergiftung führen.
- Salmonellen: Wie auch bei den anderen Bakterien gibt es bei Salmonellen verschiedene Spezies. Viele Salmonellen sind nicht wirtsspezifisch und können bei vielen Tierarten und auch bei Menschen nachgewiesen werden. Sie leben im Darm und werden über Kot oder mit Kot verunreinigten Futter-/Lebensmitteln übertragen.
An Durchfall und Blutvergiftungen erkranken vor allem junge Kälber. Mit zunehmendem Alter verlaufen Infektionen meist mild bis symptomlos, jedoch kann dieser Erreger auch bei erwachsenen Rindern zu blutigen Durchfällen führen. Rinder, die eine Infektion durchgemacht haben, können die Erreger jahrelang bis lebenslang ausscheiden und sind somit eine ständige Infektionsquelle für andere Tiere.
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Kryptosporidien: Kryptosporidien sind einzellige Parasiten, welche sich in den Darmzellen vermehren und diese so zerstören, wodurch es zu Störungen bei der Nährstoffaufnahme und zu Durchfall kommt. Kryptosporidien sind nicht mit freiem Auge im Kot erkennbar. Sie sind nur unter dem Mikroskop zu finden oder mit bestimmten Schnelltests nachweisbar. Kryptosporidien werden ausgeschieden und sind direkt ansteckend - im Vergleich zu den Kokzidien, welche in der Umwelt zwei bis drei Tage eine Reifung durchmachen müssen, ehe diese ansteckend sind.
Kryptosporidien und Kokzidien sind widerstandsfähiger als Viren und Bakterien und können in der Umwelt lange infektiös bleiben. Um das Problem dauerhaft zu bekämpfen, ist ein richtiges Hygienemanagement notwendig, da bereits ein einzelnes krankes Kalb mehrere Millionen infektiöse Eier ausscheiden kann. Sehr häufig treten Kryptosporidien gemeinsam mit Rotavirus auf, da diese dieselben Abschnitte im Darm schädigen. Zusätzlich können Kryptosporidien beim Menschen zu schweren Durchfällen führen, wobei besonders Personen ohne vorherigen Kontakt zu diesem Erreger (z.B. Kinder) oder Personen mit geschwächtem Immunsystem erkranken.
- Kokzidien: Kokzidien sind ebenfalls einzellige Parasiten. Sie besiedeln zunächst die Darmschleimhaut, dringen dann aber auch tiefer ein und zerstören Blutgefäße. Dadurch kommt es zum typisch blutigen Durchfall. Die Ansteckung erfolgt meist nach dem Umstallen von Einzelboxen in die Gruppenhaltung. Ältere Rinder scheiden Kokzidien aus, ohne dabei zu erkranken, und bilden somit das Erregerreservoir.
Wenn Kokzidien einen warmen, feuchten Lebensraum vorfinden, können sie sehr lange überleben. Die Kälberkokzidiose offenbart in erster Linie ein hygienisches Problem. Auch wenn zur Akut-Therapie vom Tierarzt Antikokzidia verabreicht werden müssen, so ist langfristig die hygienische Ursache zu eliminieren. Wichtige Maßnahmen sind die Reinigung und Desinfektion, bevor neue Tiere eingestallt werden. Es muss ein wirksames Desinfektionsmittel verwendet werden, da nicht alle Mittel gegen Kokzidien wirken. Holz ist ein einfacher Rohstoff, um Kälberboxen zu bauen.
Jedoch lässt sich dieses nur schwer und kaum vollständig reinigen. Bei Bestandsproblemen ist es ratsam, im Kälberbereich nur leicht abwaschbare Oberflächen (beschichtetes Holz, Kunststoff etc.) zu verbauen. Treten im Stall gehäuft Durchfälle bei Kälbern auf, ist eine genaue Diagnose unerlässlich, um einen Therapieplan zu erstellen. Kotuntersuchungen sind notwendig, um die genaue Ursache der Durchfälle zu identifizieren. Hat man den oder die Erreger herausgefunden, gibt es für alle Fälle eine Therapiemöglichkeit.
Erregern keine Chance lassen
Wichtige Hygienemaßnahmen, die bei Problemen mit Kälberdurchfall beachtet werden sollten:
- Regelmäßige Reinigung und Desinfektion von Kälberboxen - Entfernung von Kotresten des vorher eingestallten Kalbes
- Verwendung eines wirksamen Desinfektionsmittels
- Frische, trockene Einstreu, damit keine feuchten Stellen entstehen, an denen sich Erreger wohlfühlen
- Verunreinigungen von Futter und Wasser mit Kot verhindern (dreckige Gummistiefel am Futtergang, Kälber, die durch die Aufstallung steigen können etc.)