Bei der Internationalen Almwirtschaftstagung in Wallis in der Schweiz spiegelten sich schwierige Zeiten für die Almen wider. Ein Wandel der landwirtschaftlichen Strukur und der große Beutegreifer Wolf stellen die Landwirte vor Herausforderungen.
Ende Juni konnte die Internationale Almwirtschaftstagung in Visp, in der Region Wallis in der Schweiz, nach zwei coronabedingten Absagen endlich stattfinden. Neben Teilnehmern aus der Schweiz, Deutschland, Frankreich, Südtirol und Österreich nahmen auch insgesamt 19 Personen aus Salzburg an der Tagung teil.
Ergänzend zu den Themenschwerpunkten Klimawandel und Wasserversorgung, Weidemanagement und Großraubtiere, Almprodukte und deren Vermarktung wurden auch zwei interessante Almen besichtigt.
Die Tagungsregion Visp liegt im Rhonetal und ist umgeben von über 40 Berggipfeln mit über 4.000 m Höhe. Dementsprechend mächtig präsentiert sich die Berg- und Almenlandschaft in dieser Gegend.
Arbeiterbauern in extremer Berglage
Die Landwirtschaft in der Region ist geprägt von einer sehr kleinbäuerlichen Struktur, sogenannten „Arbeiterbauern“, welche ihre Landwirtschaften mit viel Idealismus im Nebenerwerb bewirtschaften. Mit Ausnahme weniger größerer Talbauern befinden sich die Betriebe großteils auf den steilen Berghängen in extremer Lage. Der Talboden ist sehr stark verbaut, so hat Visp mit ca. 8.000 Einwohnern über 10.000 Arbeitsplätze.
Die Region hat nur sehr wenig Niederschlag, weshalb überall eine künstliche Beregnung durchgeführt werden muss. Die Betriebe haben meist nur einige Kühe oder Schafe.
Schwarze Königinnen der Alm
Besonders stolz sind die Bauern im Wallis auf ihre Kühe der Rasse Eringer und auf die Walliser Schwarznasenschafe. Die Eringer Kühe sind bekannt für ihre sehr dominante Herdenstruktur. Beim alljährlichen Almauftriebsfest kämpfen die Kühe um die Leitkuhposition, ähnlich wie wir es bei den Hengstenauftrieben auf die Grieswiesalm kennen. Auch während der Almsaison finden immer wieder Rangkämpfe statt, welche vom Almpersonal aufgezeichnet werden. Beim Almabtrieb wird die Siegerkuh als „Königin der Alm“ geehrt.
Obwohl die Berglandwirtschaft in der Schweiz einen sehr hohen Stellenwert hat und sehr stark mit öffentlichen Förderungsmitteln unterstützt wird, gibt es in der Region große Probleme mit dem Strukturwandel in der Landwirtschaft. Die kleinen Betriebe geben die Landwirtschaft zunehmend auf. Dieser Strukturwandel auf den Heimbetrieben führt auch zu einem deutlichen Rückgang bei den Auftriebszahlen auf den Almen und es wird immer schwieriger, die Almwirtschaft aufrechtzuhalten.
Kuhmangel auf der Moosalp
Über eine atemberaubende Bergstraße besuchten wir die Moosalp in der Gemeinde Törbel. Die Alm befindet sich auf über 2.000 m Seehöhe. Für Wallis typisch ist, dass die Alm den Bürgern der Gemeinde gehört und alle Bürger ein bevorzugtes Auftriebsrecht haben. Die besuchte Alm wird auch intensiv touristisch genutzt. Dort wurden vor Jahrzehnten noch ca. 200 Milchkühe gemolken und die Milch zu Käse verarbeitet. Heute werden nur mehr 120 Kühe aufgetrieben und nur mehr 60 Tiere davon gemolken. Zum Teil werden die Milchkühe sogar im Frühjahr für die Alpung angekauft, um ausreichend Milchvieh für die Alm zu haben.
Kleine Schafbauern geben Auftrieb auf
Ein großes, unlösbares Problem stellt die stark ansteigende Zahl von Wölfen in der Region dar. Obwohl in Österreich Wolfsbefürworter immer auf den funktionierenden Herdenschutz in der Schweiz verweisen, schaut die Realität in Wallis anders aus. Auf jeder der besichtigten Almen gab es schon Wolfsübergriffe. Ein Herdenschutz wurde zwar überlegt, aufgrund der Topographie, der Größe der Almen, der enormen Kosten und des enormen Arbeitsaufwands bisher aber nicht umgesetzt.
Auf der Moosalpe haben die heimischen Bauern den Schafauftrieb bereits beendet, hier treibt nur mehr ein Bauer mit 1.000 Schafen auf, solange sich der Schaden in Grenzen hält. Er hat derzeit einen Ausfall durch Wolfsrisse von ca. 6 %, das heißt rund 60 Schafe fallen im Sommer diesen großen Beutegreifern zum Opfer. Wie real das Problem mit Wolfsrissen ist, zeigte eine kurze Wanderung einiger Teilnehmer auf der Alm. Unweit vom Almzentrum, fanden sie ein halb aufgefressenes Schaf in unmittelbarer Nähe zum Wanderweg.
Resolution gegen Großraubtiere
Wie die Entwicklung in Wallis deutlich zeigt, ist die Almwirtschaft durch die zunehmenden Großraubtierpopulationen in höchster Gefahr und es ist unbedingt notwendig, dass endlich Maßnahmen gegen diese Entwicklung ergriffen werden. Ansonsten ist zu befürchten, dass eine jahrtausendalte Tradition und einzigartige Kulturlandschaft für immer verloren geht.
Die Almwirtschaftsvertreter aller beteiligten Länder haben daher eine Resolution zur Entwicklung des Großraubwildes und der damit verbundenen existenziellen Bedrohung der Alm- und Berglandwirtschaft unterzeichnet. Mit der Resolution soll die Gefährdung der Almwirtschaft aufgezeigt werden und es werden gesetzliche Änderungen auf allen politischen Ebenen gefordert, um wirksame Maßnahmen gegen Übergriffe auf Weidetiere auf Almen treffen zu können.
Die Entwicklung im Wallis, aber auch in Teilen Österreichs zeigt, dass endlich gehandelt werden muss, wenn man die Almbewirtschaftung ernsthaft erhalten will.