Bio-Weide: Flexiblere Regelungen für mehr Tierwohl gefordert
Der Weideerlass aus dem Jahr 2021 besagt, dass Bio-Betriebe ihre Rinder, Schafe, Ziegen und Equiden in der Weidezeit von 1. April bis 31. Oktober, wann immer es die Umstände zulassen, weiden müssen. Der Erlass ist seit 1. Jänner 2022 gültig.
Die Umsetzung stellt Betriebe besonders in der Jungviehaufzucht vor erhebliche Herausforderungen. Für einen Einblick in die Praxis initiierte die Landwirtschaftskammer Salzburg gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer Österreich eine Exkursion zu zwei Flachgauer Betrieben. Der Einladung sind zahlreiche Expertinnen und Experten der Kammern, der Kontrollstellen, der Verbände und unter anderem auch aus den Bundeministerien für Gesundheit bzw. Landwirtschaft sowie der Ages gefolgt, darunter Elisabeth Jöchlinger, Ages, Michaela Klinglmüller, Ages, Agnes Muthsam, BMSGK, und Thomas Neudorfer, BML. Ebenfalls vertreten waren führende Funktionärinnen und Funktionäre der Kammern, allen voran Andrea Wagner, Vorsitzende des Ausschusses für Biologischen Landbau in der LKÖ, und Georg Wagner, Vizepräsident der LK Salzburg.
Der erste Halt wurde beim Betrieb Leobacher, Jurlbauer in Seekirchen, eingelegt. „Wir betreiben seit 60 Jahren Weidewirtschaft“, unterstrich Herbert Leobacher. Auf seinem Hof hält er rund 50 Milchkühe und 45 Stück weibliche Nachzucht. Doch wie viele andere Berufskollegen stellt auch ihn der Weideerlass, der ebenfalls für Kälber ab dem Absetzen gilt, vor Hürden. Von der Geburt bis zum Abkalben hält er die weibliche Nachzucht in fünf Gruppen. Dieses Aufzuchtsystem hat sich besonders bei den Biobetrieben etabliert, da die Tiere ab dem achten Lebenstag verpflichtend in Gruppen zu halten sind.
Die Umsetzung stellt Betriebe besonders in der Jungviehaufzucht vor erhebliche Herausforderungen. Für einen Einblick in die Praxis initiierte die Landwirtschaftskammer Salzburg gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer Österreich eine Exkursion zu zwei Flachgauer Betrieben. Der Einladung sind zahlreiche Expertinnen und Experten der Kammern, der Kontrollstellen, der Verbände und unter anderem auch aus den Bundeministerien für Gesundheit bzw. Landwirtschaft sowie der Ages gefolgt, darunter Elisabeth Jöchlinger, Ages, Michaela Klinglmüller, Ages, Agnes Muthsam, BMSGK, und Thomas Neudorfer, BML. Ebenfalls vertreten waren führende Funktionärinnen und Funktionäre der Kammern, allen voran Andrea Wagner, Vorsitzende des Ausschusses für Biologischen Landbau in der LKÖ, und Georg Wagner, Vizepräsident der LK Salzburg.
Der erste Halt wurde beim Betrieb Leobacher, Jurlbauer in Seekirchen, eingelegt. „Wir betreiben seit 60 Jahren Weidewirtschaft“, unterstrich Herbert Leobacher. Auf seinem Hof hält er rund 50 Milchkühe und 45 Stück weibliche Nachzucht. Doch wie viele andere Berufskollegen stellt auch ihn der Weideerlass, der ebenfalls für Kälber ab dem Absetzen gilt, vor Hürden. Von der Geburt bis zum Abkalben hält er die weibliche Nachzucht in fünf Gruppen. Dieses Aufzuchtsystem hat sich besonders bei den Biobetrieben etabliert, da die Tiere ab dem achten Lebenstag verpflichtend in Gruppen zu halten sind.
Junge Kälber haben es auf der Weide schwer
Die Kälber erhalten beim Betrieb Leobacher bis zum vierten Monat Milch, bevor ihnen verpflichtend die Weide angeboten werden muss.
„Ein Kalb, welches im Herbst geboren wurde, hat aufgrund des Alters und des bereits gut entwickelten Pansens einen wesentlichen Vorteil auf der frischen Frühjahrsweide gegenüber einem jüngeren Kalb, das im Winter geboren wurde“, schilderte Leobacher aus der Praxis. Beide Kälber müssen im Frühjahr auf die Weide, obwohl die Entwicklungsstadien sehr unterschiedlich sind. Naturgemäß ist das jüngere Kalb anfälliger für Durchfallerkrankungen. Zudem muss dieses in eine neue Gruppe mit Weidezugang integriert werden, dies wiederum erhöht die Gefahr von Rangkämpfen. Die Fachexperten ergänzten um das Thema Weideparasiten, welches ebenfalls zunehmend zum Problem wird. Auch diesbezüglich sind krankheitsanfälligere Jungtiere besonders gefährdet.
„Es dürfte nicht sein, dass aufgrund der restriktiven Weideregelung das Tierwohl leiden muss und Kälber lediglich aufgrund ihres Geburtstermins von Anfang an eine schwierigere Aufzuchtphase durchmachen und benachteiligt sind“, so der Tenor der praktizierenden Landwirte.
„Es dürfte nicht sein, dass aufgrund der restriktiven Weideregelung das Tierwohl leiden muss und Kälber lediglich aufgrund ihres Geburtstermins von Anfang an eine schwierigere Aufzuchtphase durchmachen und benachteiligt sind“, so der Tenor der praktizierenden Landwirte.
Jungtieraufzucht soll am Betrieb bleiben
Ähnliche Erfahrungen schilderte der Betrieb Unseld, Jackenbauer in Seeham. Um jeder Aufzuchts- und Leistungsphase gerecht zu werden, ist die Rinderherde der Familie auf acht Gruppen aufgeteilt. „Wir haben den Stall 2010 erweitert. Dabei sollte auch ein komfortabler Bereich für das Jungvieh entstehen“, erzählten Elisabeth und Rupert Unseld. Seither steht den Jungtieren ein Laufstall samt überdachtem Auslauf und Außenliegeboxen zur Verfügung.
„Uns ist wichtig zu sehen, wie unsere Tiere heranwachsen und aus ihnen langlebige, gesunde Kühe werden“, so das Ehepaar und unterstrich darüber hinaus: „Wir wollen die Aufzucht weiterhin bei uns am Betrieb durchführen und nicht auslagern oder gar auf die eigene Nachzucht verzichten. Es ist ja jetzt schon zu beobachten, dass sich gerade in diesem Bereich bei zahlreichen Betrieben eine Änderung in der Aufzucht als Konsequenz der Weideregelung ergibt. Das kann nicht das Ziel der biologischen Wirtschaftsweise sein."
Im Hofbereich trennt eine nachrangige Gemeindestraße den Auslauf der Jungtiere und die Weideflächen, die in zwei Koppeln unterteilt sind. Ein freier Weidezugang ist nicht möglich.
Im Hofbereich trennt eine nachrangige Gemeindestraße den Auslauf der Jungtiere und die Weideflächen, die in zwei Koppeln unterteilt sind. Ein freier Weidezugang ist nicht möglich.
Kühe sind bei hohen Temperaturen im Stall
Die ersten beiden Jungvieh-Gruppen werden aufgrund dessen um sechs Uhr morgens ausgetrieben. Drei Stunden später geht es für diese Gruppen zurück in den Stall und zwei andere Gruppen beziehen die Weideflächen. Aufgrund der bereits hohen morgendlichen Temperaturen im Sommer ist dies oft kontraproduktiv, ganz abgesehen vom hohen Aufwand.
„Wir können das beim Milchvieh sehr gut verfolgen. Unsere Milchkühe haben freien Weidezugang. Speziell im Sommer nehmen die Kühe dieses Angebot aber nur mäßig an. Auf der Weide ist es ihnen dann zu heiß und die Herde bevorzugt den kühlen Stall“, so Familie Unseld. Sehr gut konnte man auf diesem Betrieb auch die stark erodierten Weideflächen sehen, die nach einer längeren Regenperiode entstanden sind. „Dabei haben wir Glück, da unsere Weideflächen noch relativ eben sind.“
„Wir können das beim Milchvieh sehr gut verfolgen. Unsere Milchkühe haben freien Weidezugang. Speziell im Sommer nehmen die Kühe dieses Angebot aber nur mäßig an. Auf der Weide ist es ihnen dann zu heiß und die Herde bevorzugt den kühlen Stall“, so Familie Unseld. Sehr gut konnte man auf diesem Betrieb auch die stark erodierten Weideflächen sehen, die nach einer längeren Regenperiode entstanden sind. „Dabei haben wir Glück, da unsere Weideflächen noch relativ eben sind.“
Regelungen auch bei Molkereien spürbar
Bei der Exkursion wurden auch die Ausstiege aus der biologischen Wirtschaftsweise thematisiert, die natürlich auch am Markt Niederschlag finden. So wurde von einem Vertreter der SalzburgMilch berichtet, dass binnen zweier Monate alleine in ihrer Molkerei fünf Millionen Liter Biomilch weniger angeliefert wurden, da die Betriebe aus der biologischen Wirtschaftsweise ausgestiegen seien. Es wurde betont, dass auch die Verarbeiter Lieferverpflichtungen gegenüber dem Handel hätten und auch diese Branche abhängig sei von praktikablen Regelungen ihrer Lieferanten!
Forderung für mehr Selbstbestimmtheit
Es bräuchte daher eine flexiblere Regelung und mehr Spielraum für die Bäuerinnen und Bauern, die wieder mehr Selbstbestimmtheit bei der Umsetzung der Weide zum Wohle der Tiere einfordern.
Die Aufzuchtphase eines Rindes ist sehr heikel und bestimmt die Vitalität des Tieres für das ganze Leben. Gerade deshalb braucht es eine Regelung mit Augenmaß.
Die Exkursion war sehr lehrreich für alle Beteiligten und konnte hoffentlich zur Sensibilisierung für das Thema Weide beitragen. Die Weide ist wichtig für die biologische Wirtschaftsweise, die Vorgaben müssen aber auch für die wirtschaftenden Bäuerinnen und Bauern durchführbar sein. Die Thematik wird jedenfalls weiterhin bei allen zuständigen Stellen diskutiert und seitens der Vertreter für die Landwirtschaft eingebracht!
Die Exkursion war sehr lehrreich für alle Beteiligten und konnte hoffentlich zur Sensibilisierung für das Thema Weide beitragen. Die Weide ist wichtig für die biologische Wirtschaftsweise, die Vorgaben müssen aber auch für die wirtschaftenden Bäuerinnen und Bauern durchführbar sein. Die Thematik wird jedenfalls weiterhin bei allen zuständigen Stellen diskutiert und seitens der Vertreter für die Landwirtschaft eingebracht!
"Die Situation ist eigentlich absurd: Die Europäische Union hat das Ziel ausgegeben, den Anteil der Biobetriebe auf ein Viertel zu erhöhen. Viele EU-Staaten sind davon meilenweit entfernt, nur Österreich könnte diese Vorgaben einfach erfüllen. Nun sorgen praxisferne Richtlinien dafür, dass der Bio-Anteil erstmals nachhaltig zurückgehen könnte. Der Schaden wäre jedenfalls enorm. Auf landwirtschaftlichen Betrieben geht Wissen und Wertschöpfung verloren, die Verarbeiter verlieren Marktanteile, weil sie aufgrund fehlender Rohstoffe Märkte nicht mehr bedienen können. Die Betriebe sind bereit, Veränderungen mitzutragen – doch irgendwann ist eine Schmerzgrenze erreicht, wie sich hier zeigt. Es braucht daher eine Nachbesserung, dringend!"
Georg Wagner, Vizepräsident LK Salzburg
Georg Wagner, Vizepräsident LK Salzburg
"Die Betriebsbesuche haben anschaulich untermauert, was wir alle gemeinsam einfordern müssen: Es braucht praktikable Lösungen, die es den Betrieben ermöglichen, die Vorgaben der Weiderichtlinien in der Praxis umzusetzen. Denn das wird in vielen Fällen entscheiden, ob Betriebe weiter biologisch wirtschaften können oder nicht. Es ist schlicht inakzeptabel, dass praxisferne bürokratische Auflagen Bio-Höfe zur Aufgabe zwingen. Wenn Bürokratie in der Landwirtschaft übers Ziel schießt, trifft sie bäuerliche Existenzen. Bio Austria Salzburg schließt sich der Forderung der Landwirtschaftskammer nach raschen, praktikableren Lösungen an, um das Aus von weiteren Bio-Höfen zu verhindern. Wir setzen uns gemeinsam für die betroffenen Betriebe ein."
Ulrike Gangl, Obfrau Bio Austria Salzburg
Ulrike Gangl, Obfrau Bio Austria Salzburg