Über den Tellerrand schauen: Der Arbeitskreis Milchproduktion auf Lehrfahrt
Station 1: Der Heumilchbetrieb der Familie Reiter
Die erste Station war der Betrieb der Familie Reiter in Aichdorf bei Fohnsdorf. Gottfried und Manuela haben vor vier Jahren den Betrieb von Gottfried sen. und Maria übernommen und führen ihn als konventionellen Heumilchbetrieb weiter. Die Heumilchproduktion vergütet ihnen die Obersteirische Molkerei mit einem Zuschlag. Unentgeltlich und aus eigener Überzeugung bietet Gottfried seinen 56 Fleckviehkühen eine großzügige Weidesaison mit Grünfütterung über die gesamte Vegetationsperiode. Heu (warmbelüftet und lose gelagert) gibt es nur im Winter. Üblich sind fünf Schnitte bei der Heuernte, heuer waren sogar sechs möglich.
Ergänzt wird die Ration durch Kraftfutter vom eigenen Acker. Am Futtertisch werden frische Gehaltsrübenschnitzel angeboten - damit können etwa 2 kg Getreidekraftfutter pro Kuh und Tag eingespart werden. Die notwendige Einfütterschaufel mit Rübenschnitzler ist eine Eigenkonstruktion. Die Rüben lagern trocken am ehemaligen Heuboden und müssen bis April verfüttert sein. An den beiden Transpondern erhalten die Kühe bis zu 9 kg einer Mischung aus 40% gemahlenem Körnermais, gemahlener Gerste und gequetschtem Weizen.
Für die tägliche Weide (ca. 6 - 7 Stunden) müssen die Kühe über die Dorfstraße und unter der Bundesstraße getrieben werden. Den Triebweg, der parallel zur Straße unter der bestehenden Unterführung verläuft, hat die Familie Reiter selbst angelegt, um den Kühen sicheren Weidezugang zu ermöglichen. Gemolken wird im 2 × 5-Fischgrätmelkstand von GEA durch Gottfried jun. und sen. Manuela kümmert sich um die Boxenpflege und ums Nachtreiben - eine Arbeit, die sich gut mit den drei Kindern vereinbaren lässt.
Neben den Milchkühen erzielt die Familie Einkommen aus Erdäpfelanbau. Im Winter fällt zudem Waldarbeit an, und auch die PV-Anlage am Dach will gewartet werden. Umso dankbarer sind Gottfried und Manuela, dass bei Bedarf die ganze Familie mitanpackt.
Station 2: Moderne Technik beim Schlattwirt Harald Rutrecht
Der erste Kärntner Betrieb war jener von Harald Rutrecht, vulgo Schlattwirt. Seit 20 Jahren kümmert er sich allein um seine Kühe und setzt daher auf moderne Technik, gute Beratung und kollegialen Austausch.
Seine 60 Holsteinkühe werden seit 2023 mit einem Lely A4-Roboter gemolken. Die Fütterungsstrategie übernimmt ein selbstständiger Berater. Harald selbst ist seit 25 Jahren im Arbeitskreis Milchproduktion - für ihn als jungen Hofübernehmer damals ein entscheidender Schritt.
Im Stall sorgt ein Anschieberoboter dafür, dass immer Futter bereitliegt. Harald achtet auf Restfuttermengen von 5% bei Laktierenden und 10% bei trockenstehenden Kühen. Ist der Futtertisch einmal länger als eine Stunde leer, wird das sofort notiert und mithilfe der Smaxtec-Daten nachkontrolliert. Stress soll im Stall nicht aufkommen - deshalb können die 60 Kühe aus rund 100 Liegeplätzen wählen. Als vor einem Jahr der Melkroboter für einen ganzen Tag ausfiel, borgte er vom Nachbarn ein Eimermelkzeug und melkte 25 Stunden lang weiter. Danach lief alles wieder nahtlos.
Bei der Zucht geht Harald seinen eigenen Weg. Für ihn zählt eine gesunde, gut melkende Kuh - nicht das Aussehen. Wichtig sind für ihn vor allem Strichausrichtung und Fundament seit der Umstellung auf AMS.
Bewertet wird nach Triple A. Die Kälberaufzucht erfolgt extensiv: Tränke bis zu zwölf Wochen, Auftrieb auf die Alm im Sommer. Seine Frau Gerlinde kümmert sich um die Vermietung der beiden Almhütten.
Station 3: Robert Gössinger - Milchproduktion mitten im Ort
Am nächsten Tag wurde der Betrieb von Robert Gössinger besucht. Mitten in Ortslage hält er 45 Braunviehkühe - und trotzdem haben sie Weidezugang.
Dank seiner Nähe zu den Konsument:innen betreibt er einen Milchautomaten, an dem täglich rund 70 Liter abgeholt werden. Topfen aus eigener Produktion geht an nahegelegene Nudelfabriken, die daraus Kärntner Kasnudeln herstellen.
Besucher:innen sind am Hoislhof willkommen - oft sind es Nachbarn oder Reitschüler:innen seiner Frau. Dass das Verhältnis ausgezeichnet ist, zeigte sich 2019: Zur Bauverhandlung seines Stalls erschien niemand, weil Robert vorher jede Partei persönlich informiert hatte. 2020 zog er in den neuen Stall ein. Seine Kraftfutterstation installierte er selbst. Besonders schätzt er den Boden: Rillen lassen Harn schnell ablaufen, und der Schrapper hält alles sauber. Ebenso sauber präsentiert sich der DeLaval-Melkstand - Roberts Arbeitsplatz, den er mit Hingabe pflegt.
Die Ration wird täglich frisch eingefüttert: 50:50 Mais- zu Grassilage, ergänzt durch Gerste. Was fehlt, holen sich die Kühe an der Kraftfutterstation. Die Zusammensetzung berechnet Robert selbst - nach Rückgriff auf seine Meisterkurs-Unterlagen. Im Dezember feiert er ein Jubiläum: 30 Jahre als Betriebsführer.
Station 4: Der vielfältige Betrieb von Harald Suterlüty
Seit 25 Jahren führt Harald Suterlüty seinen Betrieb in Ameisbichl nahe Klagenfurt. Neben 25 Milchkühen und Nachzucht führt er seit einigen Jahren zusätzlich einen Schweineproduktions- und Mastbetrieb - übernommen vom Nachbarn.
Der Hof liegt in Alleinlage auf einem Plateau - eine Ruhe, die Harald schätzt.
Der Milchviehstall stammt aus dem Jahr 2000. Alles am Betrieb ist zwar nicht neu, aber sehr gepflegt.
Auffällig ist der überdachte Maissilo: Die Dachpaneele werden zum Einsilieren mit dem Hoflader abgenommen und anschließend wieder montiert - so bleibt die Entnahme im Winter frei von Schnee und Eis. Daneben steht eine praktische Eigenkonstruktion: eine blaue Aluschaufel mit auswechselbarer Eisenkante. Die Siloentnahme erfolgt inzwischen mit der Silofräse - eine Erleichterung für Ehefrau Susanne, die das Füttern übernimmt.
Im Stall zeigen sich weitere kleine Erfindungen: Beschäftigungsmöglichkeiten für Kälber, eine umgebaute Schrotscheibtruhe und laufende Verbesserungen am Schrapper. Als langjährige Arbeitskreismitglieder tauschten sich die Suterlütys intensiv mit den Kolleg:innen aus Niederösterreich aus - natürlich bei Kärntner Reindling und Kaffee.