Wenn Kräuterrauch den Jahreskreis begleitet
Während viele beim Räuchern unmittelbar an Kirche, Weihrauch und Myrrhe denken, waren es früher heimische Kräuter, Gewürze und Baumharze, die zu traditionellen Festen, den sogenannten Jahreskreisfesten, als Räucherwerk dienten. Diese Feste wie Lichtmess, die Walpurgisnacht, Johanni und auch die Raunächte markierten wichtige Übergänge im Jahr und wurden mit Bräuchen und Riten belegt. Bis heute hat das Räuchern nichts an seiner Kraft verloren. Sei es zur Entspannung, um Wohnräume und Ställe zu reinigen, Böses von Haus und Hof fernzuhalten oder auch als Begleitung wichtiger Lebensübergänge wie Geburt, Entscheidungen, Heirat oder Abschied.
Beim Räuchern werden die in Kräutern, Gewürzen und Baumharzen enthaltenen Duft- und Wirkstoffe durch sanftes Verglühen über einer Wärmequelle freigesetzt und mit dem aufsteigenden Rauch im Raum verteilt, wo sie ihre Wirkungen entfalten. Dazu eignen sich nahezu alle Pflanzenteile wie Harze, Nadeln, Hölzer, Stängel, Blüten, Zapfen, Wurzeln, Blätter, Knospen, Früchte und Samen, die im Mörser leicht zerkleinert werden, damit sich die Aromen besser entfalten können.
Ein Blick in die Geschichte
Das Verräuchern von Harzen und Kräutern ist eine uralte Kunst, deren Ursprung so alt ist wie die Nutzung des Feuers. Geräuchert wurde seit jeher in allen Hochkulturen mit aromatischen Hölzern, Rindenstücken oder Kräutern. Schon in den Gräbern der Neandertaler wurden Beifuß-Beigaben und Räucherwerk gefunden. In Ägypten und China, aber auch bei den Griechen und Römern sandte man mit dem duftenden Rauch Botschaften an die Götter, um diese gnädig zu stimmen. Kostbare Harze wurden wie Gold gehandelt, dennoch verbrauchte man in der Antike bei Opferzeremonien teure Räucherwerke in maßloser Verschwendung. Im Mittelalter versuchte man sogar Seuchen wie die Pest durch Räucherungen einzudämmen. In Indien gehört Räuchern mit Räucherstäbchen bis heute zum Alltag. Auch in Europa war das Räuchern mit ‚Kräuterbüscheln“ zu bestimmten Jahreskreis- und kirchlichen Festen weit verbreitet. Besonders im alpenländischen Raum ist „Rachn gehen“ heute noch eine beliebte Tradition.
Neben dem spirituellen Nutzen spielte das Räuchern auch eine praktische Rolle. Es reinigte die Luft, hielt Schädlinge fern und diente zur Haltbarmachung von Lebensmittel, etwa beim Räuchern von Fleisch, Fisch oder Käse. Rauch hat auch auf Lebensmitteln eine desinfizierende, konservierende und letztendlich eine geschmacksgebende Wirkung.
Räuchern im Jahreskreis
Der Jahreskreis gliedert sich in acht Feste, die auf keltisch- germanischen Überlieferungen beruhen. Sie markieren Wendepunkte und zeigen, dass die Natur jeweils in einen anderen Rhythmus übergeht. Zentrale Feste sind die vier Sonnenfeste wie die Winter- und Sommersonnenwende sowie die Frühjahrs- und Herbst-Tagundnachtgleiche. Sie bilden die astronomischen Eckpunkte, die den Lauf der Sonne markieren, ergänzt durch die vier Mondfeste. Viele Menschen nutzen diese Zeit bewusst, um innezuhalten, Altes loszulassen und Neues zu begrüßen. Dankbarkeit, Schutz und das Bitten um Segen, Fruchtbarkeit auf den Feldern und Unversehrtheit für Mensch und Tier standen dabei traditionell im Mittelpunkt. Die Raunächte sind heilige Nächte und gelten als magische Zeit „zwischen den Jahren“. Meist handelt es sich aber um die zwölf Tage „zwischen den Jahren“. Je nach Überlieferung beginnen diese mit der Wintersonnenwende am 21. Dezember oder mit Weihnachten und dauern bis zum Dreikönigstag am 6. Jänner. Mit Räucherpfannen, gefüllt mit Ofenglut, bestimmten Kräutern und Weihrauch, gingen die Menschen durch Haus und Ställe, um böse Mächte zu vertreiben und Krankheit und Unheil fernzuhalten.
Räucherkegel selber herstellen
- 2 EL gemahlene Kräuter nach Wahl
- 2 EL fein gemörserter Weihrauch
- evtl. 1 TL Zimt, 1 EL Gummi Arabicum (Akazienharz)
- evtl. ätherische Öle
- anstatt Gummi Arabicum könnten auch Maisstärke, Mehl oder Räucherkohlenstaub verwendet werden
Zubereitung
Die feingemörserten Zutaten mit etwas lauwarmem Wasser vermischen bis eine gut knetbare, pastöse Masse entsteht. Kegeln formen und trocknen lassen. Die Kegel sind fertig, wenn sie sich vollständig durchgetrocknet und fest anfühlen.
Räucherkräuter
- Beifuß – eine der ältesten Heil- und Schutzpflanzen. Wirkt stark reinigend, ermutigt und öffnet neue Perspektiven
- Wacholder wirkt desinfizierend, schützend und sorgt für Klarheit und Erdung
- Fichte wirkt als Schutz- und Lebensbaum, schenkt Kraft, Hoffnung und Stärke
- Salbei bewirkt eine starke desinfizierende und energetische Reinigung von Räumen und der Aura, fördert Konzentration und geistige Klarheit
- Zirbe wirkt beruhigend und ist ideal für Abendräucherungen und Schlafzeremonien
- Wermut ist ein starkes Schutzkraut, wirkt anregend und gegen negative Energien
- Johanniskraut duftet warm, blumig, ist stimmungsaufhellend und schenkt Licht
- Rosmarin reinigt, klärt, vitalisiert und wirkt stärkend auf unseren Geist
- Rose ist die Mutter der Düfte, sinnlich, bezaubernd und verführerisch. Sie lässt alte Wunden heilen, öffnet das Herz und wirkt sanft und heilsam für emotionale
Hölzer
- Palo Santo – „das heilige Holz“ vertreibt böse Geister und zieht gute an
- Wacholderholz wirkt stark reinigend, besonders nach Streit
Harze
- Kiefernharz wirkt antiseptisch und durchblutungsfördernd
- Fichtenharz waldig-nadeliger Duft, stärkt die Mitte, wird verwendet für Raunachts-Rituale
- Mastix – reiner, frischer Duft, der die Konzentration, Wachsamkeit und Intuition erhöht
- Myrrhe wirkt erdend und bringt unbewusste Gefühle in unser Bewusstsein
- Styrax wirkt entspannend, macht empfindsam und vertreibt negative Gedanken
- Indischer Weihrauch – Boswellia serrata vertreibt Nervosität und beruhigt die Seele
Gewürze
- Zimt wärmt, wirkt stimmungsaufhellend, kräftigend und belebend
- Anis duftet würzig, wirkt harmonisierend, sensibilisierend und raumluftreinigend
- Kardamom duftet frisch, heitert auf und fördert die Stimmung