Parasitenbefall ist nicht nur unangenehm für die Tiere, er kann, je nach Schwere des Befalls, auch zu Leistungsabfall führen und damit zu einem wirtschaftlichen Problem werden.
Dipl.-Ing. Dr. Lina Grill, BEd, Geflügelreferentin der LK Salzburg, hat Dr. Doris Gansinger, Fachtierärztin für Geflügel aus Aurolzmünster in Oberösterreich, zum Interview gebeten:
Grill: Was sind die häufigsten Parasiten im Hühnerstall und wie schaden sie den Tieren bzw. in weiterer Folge den Betrieben?
Gansinger: Beim Geflügel unterscheiden wir Innen- und Außenparasiten. Die wichtigsten Innenparasiten sind Kokzidien, Histomonaden (Erreger der Schwarzkopfkrankheit) und Würmer. Bei den Außenparasiten ist die Rote Vogelmilbe mit Abstand der häufigste und wichtigste ungebetene Gast im Geflügelstall. Kokzidien führen vor allem bei Masthühnern durch Darmentzündungen und Durchfall zu einer verringerten Gewichtszunahme und erhöhten Ausfällen; weitere unangenehme Folgeerscheinungen für die Betriebe sind Probleme mit feuchter Einstreu, Sohlenballenentzündungen und Qualitätsmängel beim Schlachtkörper. Würmer, Histomonaden und die Rote Vogelmilbe verursachen vor allem bei Legehennen Probleme. Würmer können zu Durchfall, schlechter Legeleistung, erhöhten Ausfällen und Problemen bei der Eiqualität, wie z.B. hellen Dottern, führen. Die Rote Vogelmilbe ist bei Legehennen ein schlimmer Quälgeist und großer Stressfaktor. Dieser Außenparasit saugt Blut, überträgt Krankheiten, begünstigt das Auftreten von Federpicken und Kannibalismus und verursacht bei starkem Befall Blutarmut (Anämie), eine reduzierte Legeleistung und erhöhte Ausfälle.
Wie bekämpft man Parasiten am besten?
Bei der Bekämpfung von Parasiten ist es wichtig, den Infektionsdruck möglichst niedrig zu halten, damit das Immunsystem der Tiere in der Lage ist, die Parasiten in Schach zu halten, und sich ein Gleichgewicht zwischen Wirt und Parasit einstellen kann. Das erreicht man am besten mit der Kombination von allgemeinen Maßnahmen für eine gute Biosicherheit und Hygiene, wie z.B. Schuhwechsel vor dem Betreten des Stalls, und spezifischen Maßnahmen zur Stabilisierung des Darms und Immunisierung der Tiere. Gewinnen die
Parasiten dennoch die Oberhand und verursachen eine Erkrankung der Tiere, wird eine gezielte Behandlung mit antiparasitär wirksamen
Arzneimitteln durchgeführt.
Welche Parasiten sind die gefährlichsten bzw. welche richten den größten Schaden an?
Gesamtwirtschaftlich gesehen verursachen aufgrund der weiten Verbreitung bei den Innenparasiten die Kokzidien und bei den Außenparasiten die Rote Vogelmilbe den größten Schaden.
Sind Parasiten immer schlimm?
Kommen die Parasiten nur in geringer Anzahl vor, kann das Immunsystem der Tiere normalerweise eine
Erkrankung und Leistungseinbußen soweit verhindern, dass keine großen Schäden entstehen.
Gibt es Haltungsformen, die besonders von Parasiten betroffen sind bzw. welche, die sich gar nicht um Parasitenbekämpfung kümmern müssen?
Parasiten gibt es bei allen Geflügelarten und in allen Haltungsformen. Bei
Haltungsformen mit Auslauf gibt es ein größeres Spektrum an Parasiten, da die Tiere auf der Weide hier leicht Zugang zu den infektiösen Zwischenwirten (Insekten, Regenwürmer, Schnecken) von Parasiten mit indirekter Entwicklung, wie z.B. Bandwürmern, haben.
Was sind die Grundlagen der Parasitenvorbeugung, die jeder Geflügelbetrieb beachten sollte?
Für die Vorbeuge von Erkrankungen durch Parasiten sind Biosicherheits- und Hygienemaßnahmen zur Verhinderung der Einschleppung von Parasiten und zur Senkung des Infektionsdrucks wichtig sowie Maßnahmen zur Darmstabilisierung und Stärkung der Immunität bei den Tieren. Wichtige Biosicherheits- und Hygienemaßnahmen sind z.B. eine Hygieneschleuse und ein konsequenter Schuhwechsel vor dem Betreten des Stalls sowie eine gründliche Reinigung und Desinfektion; zur Darmstabilisierung und Stärkung der Immunität können Kräuter, Probiotika und Impfstoffe eingesetzt werden.
Es ist passiert, ich habe einen Wurmbefall meiner Hühner festgestellt. Sollte ich in jedem Fall einen Tierarzt rufen oder kann ich selber etwas dagegen tun?
Ein Befall mit Würmern wird meistens mithilfe einer parasitologischen Kotuntersuchung und/oder einer Sektion im Labor abgeklärt. Wenn Sie einen Wurmbefall schon mit freiem Auge feststellen können, dann sollten Sie auf alle Fälle einen Tierarzt zu Rate ziehen.
Welche Unterschiede gelten in der Parasitenbekämpfung für Biobetriebe?
Die Parasitenbehandlung nimmt in der EU-Bio-VO einen Sonderstatus ein. Die Anzahl der Behandlungen hat keinen Einfluss auf den Biostatus. Bei chemisch-synthetischen Parasitenmitteln (Arzneimittel) mit ausgewiesener Wartezeit ist bei Biobetrieben eine Verdoppelung der Wartezeit notwendig.
Was gilt für Hobby- oder Kleinsthaltungen von Hühnern hinsichtlich Parasiten? Gibt es da Ihrer Erfahrung nach Unterschiede?
Auch in vielen Hobby- und Kleinsthaltungen sind Parasiten zu finden. Hier sieht man neben der Roten Vogelmilbe, Würmern und Kokzidien sogar auch immer wieder Parasiten, die in der Nutzgeflügelhaltung kaum oder gar nicht zu finden sind, wie z.B. Kalkbeinmilben, Federlinge und Flöhe.
Welchen Tipp oder „letzte Worte“ möchten Sie Geflügelbetrieben hinsichtlich Parasiten gerne noch mit auf den Weg geben?
Aufmerksam bleiben, in regelmäßigen Abständen parasitologische Kotuntersuchungen durchführen lassen, den Legehennenstall laufend auf Milbenbefall kontrollieren, konsequent Vorbeuge betreiben und immer wieder auch Fortbildungen zur Geflügelgesundheit besuchen, um mit dem Wissen zum Erkennen und Vorbeugen von Erkrankungen am aktuellsten Stand zu sein.