Mehr Sicherheit auf der Alm für Besucher und Wirtschafter
Nachdem die Eckpfeiler des Aktionsplans auf Bundesebene bis Mitte April ausgearbeitet wurden, wird seither auf Landesebene intensiv an der Umsetzung der vier Schwerpunkte für mehr Sicherheit gearbeitet, die Ergebnisse liegen nun vor. Jetzt ist es notwendig, diese vor Ort umzusetzen, wobei hier eine intensive Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Tourismus erfolgen soll.

Standard für die Alm- und Weidewirtschaft
Der auf Bundesebene ausgearbeitete Standard für die Alm- und Weidewirtschaft enthält Empfehlungen für die Tierhalter und Almbewirtschafter, um ein sicheres Nebeneinander von Weidevieh und Freizeitnutzern zu gewährleisten. Die Empfehlungen soll jeder Landwirt in der täglichen Praxis beachten und bei Bedarf umsetzen. Die wichtigsten Empfehlungen sind:
- Prüfen, ob man eine Tierhalterhaftpflichtversicherung hat: Grundsätzlich umfasst eine landwirtschaftliche Haftpflichtversicherung auch Haftungsansprüche aus der Tierhaltung. Wichtig ist es daher, dass jeder Tierhalter eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat. Tierhalter ist derjenige, der die tatsächliche Verfügungsmacht über ein Tier hat. Tierhalter ist auch jede Person, der das Tier übertragen wird, ohne an Weisungen gebunden zu sein. Besonders Pächter von Almen oder Agrargemeinschaften, welche die Beaufsichtigung der aufgetriebenen Tiere übernehmen, müssen eine gesonderte Haftpflichtversicherung abschließen.
- Weidevieh-Warntafel aufstellen: Eine wesentliche Maßnahme, welche laut bisheriger Rechtssprechung des Obersten Gerichtshofes zumutbar ist, ist die Warnung vor Gefahren mit Weidetieren. Bereits seit einigen Jahren werden von der Landwirtschaftskammer Warnschilder angeboten. Aufgrund des Vorfalls in Tirol wurden im Rahmen des Aktionsplans sichere Almen auf österreichischer Ebene gemeinsam zweisprachige Warntafeln gestaltet. Diese Warntafeln sollen am Beginn eines Wanderweges, welcher durch ein Alm- oder Weidegebiet führt, gut sichtbar aufgestellt werden. Um einen „Wildwuchs“ an Warntafeln zu vermeiden, wurde mit den Tourismusverantwortlichen des Landes vereinbart, dass die Beschilderung von den Tourismusverbänden in enger Zusammenarbeit mit den Landwirten durchgeführt soll. Die bisherigen Warntafeln können natürlich weiter verwendet werden. Die neuen Warntafeln sind ab Mitte Juni kostenlos bei den Bezirksbauernkammern erhältlich.
- Auf Vorfälle reagieren: Generell soll man sich als Weidetierhalter über mögliche Zwischenfälle mit Weidetieren bei den vor Ort anwesenden Personen (Hirten, Hüttenbetreiber, Wanderer ...) informieren. Berichte über Vorfälle sind jedenfalls ernst zu nehmen und es ist darauf entsprechend zu reagieren. In einem solchen Fall soll mit den Betroffenen (Tourismusverband, Hüttenbetreiber, Wegehalter, Almbauern usw.) gemeinsam eine Lösung gefunden und umgesetzt werden. Die Lösungsmöglichkeiten gehen von Umleitung des Wanderweges, gesonderter Verwahrung der betroffenen Tiere, Abzäunung bis hin zu einer befristeten Sperre eines Alm- oder Weidegebiets.
- Touristisch stark frequentierte Stellen prüfen: Eine Einzäunung von Almflächen oder entlang von Wegen, die durch ein Alm- oder Weidegebiet führen, bzw. die ständige Anwesenheit einer Aufsichtsperson auf der Alm oder der Weide sind normalerweise nicht erforderlich. Bei touristisch oder verkehrsmäßig besonders stark frequentierten Stellen, wo sich die Tiere oft aufhalten, sollte jedoch im Einzelfall eine Einzäunung überlegt werden. Dies kann zum Beispiel auf kurzen Wegstrecken zwischen Schiliftstationen, Parkplätzen oder Ähnlichem zu stark besuchten Gaststätten oder in Hüttenbereichen mit Almausschank der Fall sein. In derartigen Bereichen soll gemeinsam mit den Tourismusverantwortlichen eine Lösung gefunden werden. Im Urteil zum Tiroler Fall vertrat das Gericht die Meinung, dass eine Auszäunung des Weges zumutbar war, weil es sich nur um eine kurze Strecke handelte.
- Gefahrentafel „Achtung Tiere“ beantragen und aufstellen: Sehr häufig führen durch Weidegebiete Straßen, mit öffentlichem Verkehr. Als solche gelten laut Straßenverkehrsordnung (StVO) Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können. Auch ein reiner Fußgänger- oder Radfahrerverkehr ist als öffentlicher Verkehr ausreichend. Unter die StVO fallen daher beispielsweise auch Güterwege oder Mountainbikestrecken, aber auch bei allgemein befahrbaren Almwegen kann die StVO gelten. Nach § 81 Abs. 1 und 2 StVO muss Weidevieh von Straßen ferngehalten werden. Die Behörde hat aber Alpgebiete und Gebiete, in denen der unbeaufsichtigte Weidegang nach altem Herkommen üblich ist, von den Bestimmungen auszunehmen, wenn nicht erhebliche Bedenken aus Gründen der Verkehrssicherheit entgegenstehen. Die Ausnahme ist vom Wege- oder Weidetierhalter bei der Bezirksverwaltungsbehörde als Straßenrechtsbehörde zu beantragen, von dieser zu verordnen und das Weidegebiet durch das Gefahrenzeichen „Achtung Tiere“ zu kennzeichnen. Das Aufstellen des Gefahrenzeichens ohne Verordnung ist nicht ausreichend.
Verhaltensregeln für den Umgang mit Weidevieh
Zur Vermeidung von Unfällen mit Weidetieren und zur Aufklärung über den richtigen Umgang mit Weidetieren in Wandergebieten wurden zehn Verhaltensregeln für die Wanderer definiert. Zu den Verhaltensregeln wurde im Rahmen des Aktionsplans ein eigener Folder vom BMNT ausgearbeitet. Zusätzlich werden in Salzburg noch Hinweisschilder mit den zehn Verhaltensregeln, in Zusammenarbeit mit dem Tourismus produziert, zur Verfügung gestellt. Die Hinweisschilder sollen an markanten Stellen wie z. B. Informationstafeln zu Wandergebieten, Parkplätzen, Liftstationen usw. angebracht werden, so dass möglichst alle Wanderer über das richtige Verhalten aufgeklärt werden. Die Hinweisschilder zu den Verhaltensregeln sind ebenfalls ab Mitte Juni in den jeweiligen Bezirksbauernkammern kostenlos erhältlich und werden von den Tourismusverbänden in Zusammenarbeit mit den Bauern an den geeigneten Stellen angebracht. Die Folder über die Verhaltensregeln liegen bei den Tourismusverbänden bzw. bei den Bezirksbauernkammern auf.
Landesweite Haftpflichtversicherung
Obwohl bei der landwirtschaftlichen Haftpflichtversicherung die Tierhalterhaftung bereits enthalten ist, wird auf Landesebene eine zusätzliche landesweite Versicherung hinsichtlich möglicher Haftungsansprüche zu Unfällen mit Weidetieren abgeschlossen werden. Damit soll verhindert werden, dass womöglich ein Landwirt mit seinem Privatvermögen zur Haftung herangezogen werden könnte, wenn er keine eigene Versicherung hat oder diese nicht die Haftung tragen sollte.
Geplante Gesetzesänderung
Als vierte Maßnahme ist eine Gesetzesänderung zum § 1320 ABGB (Tierhalterhaftung) geplant. Diese Änderung soll das Haftungsrisiko verringern. Wenn ein Landwirt die Standards einhält, soll er nicht mehr für Unfälle haften. Gleichzeitig soll den Wanderern mit der Einhaltung der Verhaltensregeln mehr Eigenverantwortung übertragen werden. Die geplante Gesetzesänderung wurde Mitte Mai vom Ministerrat beschlossen und soll mit 1. Juli in Kraft treten. Der Zeitpunkt der Beschlussfassung im Nationalrat steht noch nicht fest.
Mehr Eigenverantwortung für Wanderer
Insgesamt soll mit den vier Maßnahmen die Sicherheit der Wanderer und deren Eigenverantwortung erhöht werden. Wichtig ist aber die Aufklärung der Freizeitgesellschaft, dass es sich bei der Weidehaltung um keinen Streichelzoo handelt und von Weidetieren auch eine Gefahr ausgehen kann. Wenn die Wanderer die Verhaltensregeln einhalten, dürfte es in Zukunft keine Unfälle mehr geben. Wie die Vergangenheit zeigt, ist das Unfallrisiko mit Weidetieren sehr gering. Laut Alpinunfallstatistik passieren in Österreichs Bergen jährlich rund 8.500 Unfälle mit 12.000 verunfallten Personen, nur fünf verunfallte Personen pro Jahr sind auf Unfälle mit Weidetiere zurückzuführen. Mit den Maßnahmen zum Aktionsplan sichere Almen sollte auch in Zukunft ein gutes Miteinander zwischen der Weidewirtschaft und den Freizeitnutzern möglich sein.