Den Wert der Familie erkennen
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Weihnachten ist ein
traditionelles Fest.
Tradition hat mittlerweile auch das Schreiben von
Weihnachtswünschen. Immerhin gibt es diese Form, Grüße
zu übermitteln, in Europa seit
über 170 Jahren. Die ursprüng
lichen Motive wie verschneite Landschaften, Weihnachtsmänner auf dem Schlitten,
Tannenbäume, Rentiere oder
der Stern von Bethlehem haben
sich bis heute durchgesetzt.
So haben viele von uns in den
letzten Wochen in gewohnter
Weise Weihnachtspost erledigt,
Briefe und Karten geschrieben
und auch deren zahlreiche erhalten. Begriffe wie Glück, G
sundheit, Zufriedenheit, Ver
trauen oder ein Dank für die
langjährige Freundschaft dürfen
dabei nicht fehlen. Einige dieser
Glückwunschkarten muss ich
dann mehrmals lesen, um den
Sinn des Textes zu erfassen und
die Frage zu stellen, warum der
Absender der Karte gerade die
sen Spruch für mich gewählt
hat.
Auch ich versende gerne Grüße, verbunden mit dem Dank für
die gute Zusammenarbeit im ab
gelaufenen Jahr oder einfach mit
ehrlich gemeinten Wünschen
für das bevorstehende Weihnachtsfest und das neue Jahr.
Gibt doch jeder persönlich for
mulierte Wunsch oder Gedanke
an einen Geschäftspartner, an
liebe Bekannte und Verwandte,
an besondere Freunde die Gelegenheit kurz innezuhalten und
darüber nachzudenken, wie viel
Zeit man sich im ablaufenden
Jahr für Beziehungspflege wirklich genommen hat. Häufig wird
man auch von eingehender Post
daran erinnert, dass man es trotz
guter Vorsätze zum Jahreswechsel wieder einmal verabsäumt
hat, den Absender der Glückwünsche zu treffen.
Im heurigen Glückwunschmarathon fielen mir zwei Sprüche
besonders auf. Einer stammt
von Mahatma Gandhi, dem Wi
derstandskämpfer und Revolu
tionär, welcher den Satz prägte: „Die Zukunft hängt davon
ab, was wir heute tun.“ Dieser
Spruch, welchen sich inzwischen zahlreiche Unternehmen
zum Leitspruch für deren Ge
schäftsmodell zurechtgelegt ha
ben, hätte auch jedem von uns
einfallen können. Es liegt ja auf
der Hand, dass das, was wir heute tun, vielfach in die Zukunft
wirkt. Vielleicht sollte man die
sen Spruch damit ergänzen, indem man sich nicht nur fragt,
was wir heute tun, sondern wie
wir es tun. Gerade vom „Wie“
hängt es immer mehr ab, ob die
Zukunft für die nachfolgenden
Generationen nach wie vor at
traktiv und gesichert sein wird.
Einen zweiten Spruch möchte
ich den treuen Leserinnen und
Lesern nicht vorenthalten. Er
stammt von keinem Geringeren
als Henry Ford, welcher einmal Folgendes zu Papier brach
te: „Zusammenkunft ist ein Anfang. Zusammenhalt ist ein Fortschritt. Zusammenarbeit ist der
Erfolg.“
Technik – Fluch oder Segen?
Henry Ford kann man auch
als einen Vorläufer der heutigen 4.0-Industrie ansehen. Automatisierung und Technisie
rung waren auch schon in seiner Zeit Schritte zum Erfolg.
Wobei es interessant wäre, wie
der im Jahr 1947 verstorbene
Ford die zunehmende Robotisierung vieler Produktionsbereiche und die damit verbundene
„Freistellung“ von Beschäftig
ten heute sehen würde. Wenn
man den Zukunftsforschern
Glauben schenkt, so wird dank
technischen Fortschritts in den
nächsten Jahrzehnten nur noch
ein Viertel der heute Erwerbstä
tigen Arbeit fi nden. Womit sich
dann die restlichen, mit arbeits
losem Grundeinkommen ausge
statteten Menschen beschäftigen, bleibt eine offene Frage und
wird uns als Gesellschaft mehr
denn je fordern.
Bezogen auf unsere bäuerlichen
Familienbetriebe kann ich den
erwähnten Sprüchen von Ghandi und Ford viel abgewinnen.
Was die Zukunft betrifft, muss
ich den Bäuerinnen und Bauern
nicht erklären, dass die Art und
Weise, wie wir mit unseren Le
bensgrundlagen umgehen, entscheidend dafür ist, ob es auch
in Zukunft Lebensmittel hoher
Qualität und Kulturlandschaf
ten mit unverzichtbaren Lebens-
und Lebensraumfunktionen geben wird. Erklären muss man
dies jedoch dem Konsumenten,
dessen Kenntnisse über die Auf
gaben des Bauernstandes immer
mehr abnehmen. Ziel – gerade
für uns als bäuerliche Interessenvertretung – muss es daher
sein, dieses Wissen um die vielfältigen Aufgaben der Bauern
dem Konsumenten verstärkt zu
vermitteln, Zusammenhalt und
Zusammenarbeit sind hier gefragt.
Um eine fl ächendeckende Be
wirtschaftung unseres Landes
mit möglichst vielen bäuerlichen Familienbetrieben abzu
sichern, braucht es allerdings
mehr als öffentliche Gelder, Investitionszuschüsse oder einen
praxistauglichen Rechtsrahmen.
Zunächst braucht es motivier
te Betriebsführerinnen und Be
triebsführer, die mit Weitsicht
handeln und die Zukunft im mer im Blickfeld behalten. Da
bei heißt es auch offen zu sein
für Veränderungen, ja innova
tiv zu sein, um sich dem immer
schneller stattfi ndenden Wandel anzupassen. Tatsache ist es,
dass jeder bäuerliche Betrieb,
der für immer seine Hoftüren
schließt, einen dauerhaften Ver
lust darstellt, auch wenn dessen
Flächen – zumindest in Gunstlagen – vom Nachbarn mitbewirt
schaftet werden.
Zusammenhalt ist unverzichtbar
Mindestens so wichtig wie ein
offener Blick auf das Marktgeschehen und dessen künftige,
mögliche Entwicklung ist der
Zusammenhalt in der Familie.
Ein Großteil unserer bäuerli
chen Familienbetriebe kann nur
deshalb dauerhaft überleben,
weil sprichwörtlich zusam
mengeholfen wird. Da stellt die
Bäuerin den Betriebsführer, der
Bauer verdient sich im Neben-
und Zuerwerb und umgekehrt,
Nischen wie Urlaub am Bauern
hof oder die Direktvermarktung
werden ausgebaut, die Austragleute helfen mit, um die Kostenbelastung zu verringern, Kinder
arbeiten in der Freizeit und in
den Ferien mit. Ein ganzes Räderwerk greift ineinander, um
das Vehikel Bauernhof im Sin
ne von Henry Ford am Laufen
zu halten.
Die große Gefahr dabei besteht
darin, dass von außen immer
mehr Sand ins Getriebe kommt,
welcher das tägliche Leben und
schließlich das Überleben unserer Bauernhöfe gefährdet. Umso
mehr ist wiederum die Interes-
senvertretung gefordert, bäuerliche Anliegen mit Nachdruck zu
vertreten und Angriffe auf das
Eigentum, auf Grund und Bo-
den oder auf die Produktion im
engeren Sinne abzuwehren. So
wie das Zusammenarbeiten am
Bauernhof ein Schlüssel zum
Erfolg ist, so kann umgekehrt
das Zusammenleben mehrerer
Generationen unter einem Dach
diesen Erfolg manchmal verei-
teln. Denn hier steckt der Teufel
sprichwörtlich im Detail. Allein
schon die Tatsache, dass heute
auf einem Bauernhof Urgroßeltern mit Urenkeln unter einem
Dach oder im Familienverband
leben, zeigt auf, dass hier nicht
nur Generationen dazwischen
liegen, vielmehr noch, dass hier
Welten aufeinanderprallen. Ein
in den 20er-Jahren des vorigen
Jahrhunderts Geborener litt damals sicher nicht an Nomopho
bie – was so viel heißt wie dass
man ohne sein Mobiltelefon
nicht mehr lebensfähig zu sein
scheint – diese Großelternge
nerationen litten vor allem an
Hungersnot und damit zusam-
menhängenden Krankheiten
sowie an den Folgen der Weltkriege. Sie mussten Entbehrun
gen verschiedenster Art erleben, von denen die heutige Ju
gend keinen blassen Schimmer
mehr hat. Dennoch haben diese
Menschen ihr Leben gemeistert
und können oft noch zufrieden auf dieses zurückblicken.
Dass da heute ein 14-jähriger
Teenie aus einer ganz anderen
Umfeldbetrachtung heraus sei
nen Bedürfnissen und Wünschen nachgeht, kann man ihm
nicht verübeln. Wie immer, die
se aus völlig unterschiedlichen
„Welten“ herstammenden Menschen treffen in einer bäuerli
chen Familie zusammen. Hier
erfordert es gegenseitige Wertschätzung und Verständnis für
das „Anderssein“. Den anderen
in seiner Art anzunehmen und
zu respektieren, so wie Gott ihn
gemeint hat, das ist der wahre
Schlüssel für ein friedliches Nebeneinander.
Bäuerliche Familienbetriebe
sind für mich Paradebeispiele
für Zukunftsorientierung, Zusammenhalt und Zusammenarbeit. Die Politik ist daher gefor
dert, die Rahmenbedingungen
so zu gestalten, dass die Jugend
mit Freude den Hof übernimmt
und dass der Eltern- und Groß
elterngeneration ein verdien-
ter Platz im Hofverband zuteil
werden kann.
Zusammenhalt und Zusammenarbeit sind aber auch in
unserer Zivilgesellschaft un
entbehrliche Bausteine zum
Erfolg. Am Beispiel der vorjährigen Flüchtlingswellen wurde
dies eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Mehr Zusammenhalt und Zusammenarbeit würde auch den politisch Verantwortlichen nicht schaden.
Freuen wir uns, dass vor rund
50.000 Jahren die Schrift entstanden ist, welche uns ermöglicht, unsere Gedanken und
Wünsche, unsere Nöte und Sorgen auf Papier zu bringen und,
wenn notwendig, dem anderen
mitzuteilen. Ist diese elementa
re Erfindung doch die Basis für
zwischenmenschliche Bezie
hungen.
Freuen wir uns aber auch in
diesen Tagen über die zahlreich
erhaltenen Weihnachtskarten,
die uns hinführen sollen zu jenem Ereignis, welches uns Jahr
für Jahr zeigen will, dass es mit
der Geburt des Jesuskindes etwas Höheres gibt, etwas, das in
unserer Gedankenwelt immer
mehr einen rechten Platz haben
sollte. Und noch etwas: Nehmen wir uns Zeit für das Ge
spräch mit dem Nachbarn, dem
Enkelkind oder Partner, auch
dem Fremden und schreiben
wir auch im kommenden Jahr
nicht nur Briefe an das Christ
kind oder Leserbriefe über die
Politik, sondern auch Wünsche
an unsere Liebsten, Freunde
und Geschäftspartner. Sie werden sich darüber, so wie ich,
sicherlich freuen. Damit kann
Weihnachten in unsere Herzen
kommen.